Dr. Gregor Feiter, Simon Beyme
Frage:
Von Ausnahmen abgesehen halte ich die Abrechnung nach der StBVV für angemessen, insbesondere, wenn mit der Mittelgebühr abgerechnet wird. Ein Problem habe ich aber teilweise mit der Zeitgebühr. Hier kommen wir z. T. sogar mit der Höchstgebühr von 150 EUR/Stunde nicht hin, beispielsweise wenn es um die Begleitung komplexer Betriebsprüfungen geht.
Ich würde deshalb gerne die Zeitgebühr für diese Fälle auf zumindest 200 EUR/Stunde anheben, was immer noch unter den Sätzen liegt, die Fachanwälte für Steuerrecht aufrufen. Was muss ich bei einer solchen Vereinbarung beachten und kann ich weiterhin in einem Halbstundentakt abrechnen?
Antwort:
Die Begleitung steuerlicher Betriebsprüfungen wird mit der Zeitgebühr abgerechnet, §§ 29 i. V. m. 13 Satz 2 StBVV. Die Zeitgebühr beträgt 30 bis 75 EUR je angefangene halbe Stunde, was einem Stundensatz zwischen 60 und 150 EUR entspricht.
Die Interessenwahrnehmung des Mandanten bei einer Betriebsprüfung ist von der Rechtsprechung als eine der für das Mandatsverhältnis bedeutsamsten Tätigkeiten des Steuerberaters angesehen und kann wegen der Bedeutung der Angelegenheit und der Schwierigkeit der beruflichen Tätigkeit, was beides wesentliche Kriterien der Gebührenbestimmung nach § 11 StBVV sind, den Ansatz der Höchstgebühr rechtfertigen (Feiter, eKommentar StBVV, § 29, Rz. 9, Stand 3.3.2022). Dementsprechend können hierfür regelmäßig Zeitgebühren im obersten gesetzlichen Rahmen abgerechnet werden.
Gleichwohl kann aber selbst die Ausschöpfung des Rahmens in bestimmten Fällen zu gering sein. Möglich ist es deshalb, wie von Ihnen beabsichtigt, eine über den Höchstsatz der gesetzlichen Zeitgebühr hinausgehende Vergütung zu vereinbaren. Es sind dabei die Kriterien für Vergütungsvereinbarungen nach § 4 Abs. 1 StBVV zu beachten:
- Die Vereinbarung bedarf der Textform,
- sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet sein und
- sie muss von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein.
Letzteres wird am einfachsten durch Erstellen der Vergütungsvereinbarung in einem separaten Dokument gewährleistet.
Ihre Frage, ob dabei auch ein Halbstundentakt vereinbart werden kann, so wie auch § 13 Satz 2 StBVV auf eine Taktung "je angefangene halbe Stunde" abstellt, ist gerichtlich für Vereinbarungen von Steuerberatern mit Unternehmensmandaten bislang nicht ausdrücklich entschieden.
Ich sehe es so, dass wenn sich die Vereinbarung des Stundensatzes innerhalb des gesetzlichen Rahmens der StBVV bewegt, also wenn z. B. vereinbart wird, dass stets 150,00 EUR/Stunde bzw. 75 EUR pro halbe Stunde zum Ansatz kommen, (weiterhin) eine Abrechnung je angefangene halbe Stunde zulässig ist.
Geht man hingegen über den gesetzlichen Rahmen der StBVV hinaus, indem man eine Zeitgebühr von z. B. 200 EUR/Stunde vereinbart, so kann man sich nicht mehr auf den – großzügigen – Halbstundentakt der StBVV berufen. Wer der Höhe nach die StBVV verlässt, begibt sich auch mit Blick auf den Zeittakt aus der StBVV heraus und muss insofern die "allgemeinen" Regeln gegen sich gelten lassen.
Zu Zeittaktklauseln hat der BGH im Gebührenstreit eines Rechtsanwalts entschieden, dass jedenfalls gegenüber Verbrauchern die Vereinbarung einer Abrechnung je angefangene 15 Minuten unwirksam ist (BGH, Urteil v. 13.2.2020, IX ZR 140/19, Stbg 2020, S. 236 m. Anm. Beyme). In der Literatur geht man überwiegend davon aus, dass diese Rechtsprechung auch gegenüber Unternehmensmandaten gilt und auf Steuerberater übertragbar ist, sofern diese sich nicht unmittelbar auf § 13 Satz 2 StBVV berufen können (vgl. zum Thema Feiter, eKommentar StBVV, § 13, Rz. 8, Stand: 15.9.2020). Die Vereinbarung einer Abrechnung im 30-Minuten-Takt einer über den Höchstsatz von § 13 Satz 2 StBVV hinausgehenden Gebühr ist deshalb voraussichtlich nicht wirksam möglich.
Nicht entschieden hat der BGH, welche Taktung außer einer stets möglichen minutengenauen Abrechnung noch zulässig ist. In Literatur und der Rechtsprechung werden hier Zeittakte von 6 Minuten, also eine Abrechnung im 1/10-Takt, für noch zulässig gehalten (z. B. OLG München, Urteil v. 5.6.2019, 15 U 318/18 Rae, DStR 2019, S. 1711).
In Ihrem Beispiel könnten Sie also nach § 4 StBVV eine Zeitgebühr von 200 EUR/Stunde vereinbaren, die im 6-Minuten-Takt abgerechnet wird (= 20 EUR pro angefangene 6 Minuten). Würde eine Besprechung mit dem Betriebsprüfer z. B. nur 35 Minuten dauern, könnten Sie 0,6 h und damit 120 EUR abrechnen, was unter der Möglichkeit läge, wenn Sie unmittelbar nach §§ 29 i. V. m. 13 Satz 2 StBVV mit dem gesetzlichen Höchstsatz eine volle und eine angefangene halbe Stunde mit insgesamt 150 EUR abrechnen würden. Vergütungsvereinbarungen mit dem Ziel eines über der gesetzlichen Zeitgebühr liegenden Satzes sollten also angesichts der dann zu beachtenden engeren Zeittaktung eher bei mehr als 200 EUR/Stunde liegen.
Simon Beyme, RA/FAfStR/StB, Römermann Rechtsanwälte AG, Berlin, www.roemermann.com