Jürgen Berners, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Zusammenfassung
Die Finanzrechtsprechung geht davon aus, dass die Ermäßigung der Geschäftsgebühr nach § 40 Abs. 2 StBVV grundsätzlich immer gegeben ist. Begründet wird das nachvollziehbar mit dem Berufsbild eines ordentlichen Vertreters der steuerberatenden Berufe: vor der Einlegung des Einspruchs würde zunächst stets eine Prüfung der Richtigkeit – formell und materiell – des anzufechtenden Bescheids vorgenommen. Es spielt also keine Rolle, ob Ihr Mandant Sie tatsächlich mit der Bescheidprüfung beauftragt hatte. Dabei ist die Nichtabrechnung der Bescheidprüfung sogar zweifach nachteilig für Sie. Wieso das so ist und was dies für Ihre Honorarvereinbarungen bedeutet, erfahren Sie in dem Beitrag von Herrn Berners gleich im Anschluss.
1 Rechtsbehelfsverfahren: Abrechnung des Einspruchsverfahrens – vorangegangene Bescheidprüfung
Im Absatz 2 des § 40 StBVV ist eine Ermäßigung der Geschäftsgebühr geregelt:
"Die Geschäftsgebühr ermäßigt sich auf 3/10 bis 20/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle E (Anlage 5), wenn der Steuerberater in dem Verwaltungsverfahren, das dem Verfahren nach Absatz 1 vorausgeht, Gebühren nach § 28 erhält."
§ 28 StBVV regelt die Prüfung von Steuerbescheiden mit der Zeitgebühr. Bei § 40 Abs. 2 i. V. m. § 28 StBVV ist zu beachten, dass die Ermäßigung auch dann erfolgt, wenn der Steuerberater die Prüfung des Steuerbescheids nicht abrechnet.
An dieser Stelle zeigt sich, dass die Nichtabrechnung der Bescheidprüfung einen doppelten Nachteil mit sich bringt:
Bei der Erstattung der Kosten des Vorverfahrens (§ 139 FGO) erfolgt keine Kürzung, wenn nachgewiesen wird, dass der Steuerberater vor der Einlegung des Rechtsbehelfs den Steuerbescheid nicht geprüft hat.
Honorare können auch pauschal vereinbart werden
Für Honorarvereinbarungen gilt: Die Prüfung von Steuerbescheiden kann auch nach § 14 StBVV pauschal berechnet werden. Auch in diesem Fall greift die Ermäßigung des § 40 Abs. 2 StBVV ein. Dies gilt sogar auch, wenn eine höhere Vergütung nach § 4 StBVV vereinbart wurde.
Steuerbescheide sind solche i. S. d. § 155 AO. Keine Steuerbescheide sind, da sie nicht die Festsetzung einer bestimmten Steuer enthalten, die Feststellungsbescheide nach § 179 AO und die Steuermessbescheide nach § 184 AO.
Nicht in § 40 Abs. 2 StBVV ist geregelt, wie sich der Verweis auf die "Geschäftsgebühr" nach Absatz 1 verhält. In § 40 Abs. 1 StBVV ist die Schwellengebühr von 13/10 genannt. Es erscheint also möglich, das Mittel zwischen 3/10 – 20/10, also 11,5/10 zu nehmen. Das FG Hessen (Urteil v. 31.1.2013, 1 Ko 2202/11, EFG 2013, S. 644) hat einen Schwellenwert von 10/10 erkannt. Denkbar ist auch, den Schwellenwert prozentual zu berechnen: 13/10 einer Gebühr im Rahmen von 5/10 – 25/10 entspricht einem Prozentsatz von 52. Die Differenz zwischen 3/10 und 20/10 beträgt 17/10. 52 % davon sind 8,84/10, gerundet 9/10. Wünschenswert wäre hier eine Klarstellung des Gesetzgebers gewesen.
Im Rahmen einer höheren Vergütung nach § 4 StBVV kann die Ermäßigung ausgeschlossen werden.
Autor: RA/FAfStR u ArbR Jürgen F. Berners, Schleiden/Freilassing
2 Gerichtsverfahren: Zahlung einer Geldentschädigung bei überlanger Verfahrensdauer
In HHG 8/2017 wurden die durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren v. 24.11.2011 (BGBl 2011 I, S. 2302) mit Wirkung vom 3.12.2011 eingeführten Regelungen zur angemessenen Entschädigung von Nachteilen, die ein Verfahrensbeteiligter infolge einer unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens erleidet, aufgezeigt und näher beleuchtet. Darüber hinaus wurde die bislang zu dieser Thematik ergangene Rechtsprechung des X. Senats des BFH vorgestellt, der nach dem Geschäftsverteilungsplan beim BFH für Streitigkeiten (einschließlich Kostenstreitigkeiten) betreffend die Entschädigung gem. §§ 198 ff. GVG, § 155 FGO zuständig ist, soweit nicht die Dauer eines Verfahrens des eigenen Senats betroffen ist.
Der X. Senat des BFH hat nunmehr seine bisherige Rechtsprechung zu der in Rede stehenden Problematik präzisiert (vgl. BFH, Urteil v. 12.7.2017, X K 3-7/16, BStBl 2018 II, S. 103). Dabei ging es im Einzelnen um Folgendes:
Kläger forderten angemessene in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung
Die Kläger (Eheleute) begehrten Entschädigung wegen unangemessener Dauer mehrerer seit März 2013 anhängiger Klageverfahren nach § 198 GVG. Die Klageverfahren betrafen z. T. nur den Kläger bzw. die Klägerin und z. T. beide Eheleute.
Nachdem im Verfahren wegen Umsatzsteuer 2001 und 2002 des Klägers der Schriftsatzwechsel am 22.4.2013 endete, erhob dieser am 20.3.2016 eine Verzögerungsrüge, woraufhin der Rechtsstreit durch eine tatsächliche Verständigung im Juni 2016 erledigt wurde und mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss des FG vom 14.7.2016 endete.
Die übrigen Verfahren betrafen die
- Einkommensteuer 1999 sowohl des Klägers als auch der Klägerin (besondere Veranlagungen nach § 26c EStG im Jahr der Eheschließung),
- Einkommensteuer 2000 bis 2004 der zusammenveranlagten Eheleute,
- Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts zum 31.12.2000 un...