Dr. Andreas Nagel, Simon Beyme
Frage: Anfang des Jahres haben zwei Finanzgerichte entschieden, dass ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO, den ein Rechtsanwalt im Jahr 2022 lediglich per Telefax und nicht als elektronisches Dokument an das Gericht übermittelt, unzulässig ist. Der Verstoß gegen § 52d FGO führe zur Unwirksamkeit des Antrags; er gelte als nicht vorgenommen. § 52d FGO knüpfe dabei allein an den Status (Zulassung) als Rechtsanwalt an. Sei der Bevollmächtigte zugleich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen, ändere dies nichts an der Pflicht zur elektronischen Übermittlung nach § 52d FGO (vgl. FG Münster, Beschluss v. 22.2.2022, 8 V 2/22, EFG 2022, S. 592; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 8.3.2022, 8 V 8020/22, EFG 2022, S. 846). In die gleiche Richtung zielt auch die Entscheidung des FG Köln (Urteil v. 19.5.2022, 6 K 1883/21). Danach muss ein Antrag auf mündliche Verhandlung nach Ergehen eines Gerichtsbescheids durch einen Rechtsanwalt in elektronischer Form gestellt werden.
Bergen diese Entscheidungen Zündstoff für den Berufsstand des Steuerberaters?
Antwort: Um es vorwegzunehmen: Der Gesetzgeber hat Steuerberatern eine Schonfrist bis zum 31.12.2022 eingeräumt.
Nach § 52d Satz 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Vorschrift ist zum 1.1.2022 in Kraft getreten (Art. 26 Abs. 7 i. V. m. Art. 6 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013, BGBl 2013 I, S. 3786).
Nutzungspflicht ab dem 1.1.2023
Für Steuerberater besteht (erst) ab dem 1.1.2023 die Nutzungspflicht nach § 52d FGO.
Die Bundessteuerberaterkammer richtet zum 1.1.2023 über die Steuerberaterplattform für jeden Steuerberater ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) empfangsbereit ein. Der Inhaber des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs ist verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beSt zur Kenntnis zu nehmen (vgl. § 86d StBerG).
In der ersten Ausbaustufe wird das beSt eine sichere, einheitliche und einfache elektronische Kommunikation ermöglichen. Das wird wichtig für den Austausch der Berater untereinander als auch mit den Gerichten, den Behörden, der Finanzverwaltung und anderen freien Berufen sowie den Steuerberaterkammern. In den späteren Ausbaustufen soll die Steuerberaterplattform auch für weitere Anwendungen, z. B. mit Rentenversicherungsträgern, bereitstehen.
Frühzeitig um Online-Ausweis und zugehörige PIN/PUK kümmern
Benötigt wird in allen Fällen der neue Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion (Online-Ausweis) mit Lesegerät. Sollte auf dem persönlichen Online-Ausweis die eID-Funktion noch nicht aktiviert sein, empfiehlt es sich, dies frühzeitig zu veranlassen bzw. die zugehörige PIN/PUK von den Meldebehörden zu beschaffen.
Autor: Dipl.-Finw. Steuerberater Werner Becker, Namborn