Wird die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt, ist nach §§ 361 Abs. 3 Satz 3 AO, 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 6 FGO über eine Sicherheitsleistung regelmäßig erst bei der Aussetzung des Folgebescheids zu entscheiden. Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn bei der Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ein ausdrücklicher Ausschluss der Sicherheitsleistung bei der AdV eines Grundlagenbescheids kommt nur in Betracht, wenn der gegen diesen gerichtete Rechtsbehelf mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird.

Art und Umfang der Sicherheiten richten sich nach den §§ 241 ff. AO. Viele Steuerpflichtige sind nicht in der Lage, "erstklassige" Sicherheiten i. S. d. § 241 AO (z. B. erstrangige Grundschuld, Bankbürgschaft) in voller Höhe des auszusetzenden Betrags zu erbringen. Dies sollte aber nicht dazu führen, auf eine Sicherheitsleistung gänzlich zu verzichten, da meist gerade bei diesen "unsicheren" Fällen ein erhebliches fiskalisches Interesse an einer Absicherung des Anspruchs gegeben ist. In diesen Fällen sollte nach Auffassung der Finanzverwaltung wenigstens eine Sicherheitsleistung für einen Teilbetrag oder eine "weniger gute" Sicherheitsleistung angestrebt werden (z. B. nachrangige Grundschulden, Abtretung von Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen, Forderungsabtretungen, etc.). Auch ein zeitlicher Stufenplan zur Erbringung von Sicherheiten ist denkbar, wenn eine sofortige Sicherung nicht zumutbar ist (vgl. OFD Karlsruhe, Verfügung v. 18.3.2022, S 0623).

Für die Frage, ob bei der AdV eines Verwaltungsakts eine Sicherheitsleistung angeordnet wird, kommt es regelmäßig nicht auf die Rechtmäßigkeit des Bescheids an, weil diese grundsätzlich nur relevant für die Frage ist, ob überhaupt AdV gewährt wird. Die Anordnung der Sicherheitsleistung hängt vielmehr davon ab, ob die Realisierung des ausgesetzten Steueranspruchs durch die AdV gefährdet oder ernstlich erschwert wird (BFH, Beschluss v. 1.10.2007, VII B 130/07, BFH/NV 2008, S. 231). Deshalb wird über die Sicherheitsleistung in Fällen mit Grundlagen- und Folgebescheiden regelmäßig erst auf Ebene des Folgebescheids entschieden.

 
Hinweis

AdV ohne Sicherheitsleistung anstreben

In der Praxis sollte regelmäßig eine AdV ohne Sicherheitsleistung angestrebt werden, denn die Gestellung von Sicherheiten ist mit (weiteren) Kosten (z. B. Avalprovisionen, Notar- und Gerichtskosten für die Eintragung einer Grundschuld) verbunden. Ob diese Kosten im finanzgerichtlichen Verfahren erstattet werden können, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl. zu Avalprovisionen – Kostenerstattung bejahend: FG Baden-Württemberg, Beschluss v. 24.1.2007, 3 KO 7/03, EFG 2007, S. 783; a. A. FG Köln, Beschluss v. 24.7.2012, 10 Ko 1883/12, EFG 2012, S. 2234).

Ausschluss der Sicherheitsleistung bei AdV eines Zerlegungsbescheids

Eine für die Praxis bedeutsame und erfreuliche Entscheidung hat das FG Berlin-Brandenburg (Beschluss v. 5.4.2023, 4 V 4019/23, EFG 2023, S. 849) in einem Fall getroffen, in dem die Antragstellerin (Astin.) beim Finanzamt – dem Antragsgegner (Ag.) – erst nach Ablauf der Frist für einen Einspruch gegen den AdV-Bescheid einen Antrag auf ausdrücklichen Ausschluss der Anordnung einer Sicherheitsleistung bei der Folgeaussetzung gestellt hat.

Zum Sachverhalt

Die Astin. behauptete, ihre einzige Betriebsstätte in der Gemeinde A mit einem niedrigen Gewerbesteuer-Hebesatz gehabt zu haben. Es ergingen entsprechende Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide, die bestandkräftig wurden.

Jahre später wurde eine Prüfung durchgeführt. Der Ag. ging jetzt davon aus, dass die Astin. ihre einzige Betriebsstätte tatsächlich in der Gemeinde B mit ­einem höheren Hebesatz hatte. Er erließ Zerlegungsbescheide und ordnete A 0 % und B 100 % der Messbeträge zu. B erließ entsprechende Gewerbesteuerbescheide. Die Astin. legte gegen die Zerlegungsbescheide Einspruch ein und der Ag. gewährte antragsgemäß AdV.

Nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen die AdV-Verfügung teilte B der Astin. mit, die Folge-AdV der Gewerbesteuerbescheide nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren. Daraufhin beantragte die Astin. beim Ag. ohne Erfolg den Ausschluss der Sicherheitsleistung. Der Ag. meinte, dem Antragsbegehren stehe der Ablauf der Einspruchsfrist gegen die AdV-Verfügung entgegen.

Die Entscheidung des FG

Das FG hat dem Antrag entsprochen und die Sicherheitsleistung ausgeschlossen. Der Umstand, dass die Einspruchsfrist gegen die AdV-Verfügung bereits abgelaufen sei, hindere die beantragte Anordnung nicht.

Die Sicherheitsleistung betreffende Anordnungen seien zwar unselbstständige Nebenleistungen zur AdV und könnten deshalb nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Aussetzungsakt angegriffen werden. Allerdings erwachse das ­Unterlassen eines ausdrücklichen Ausschlusses der Anordnung einer Sicherheitsleistung bei der Folgeaussetzung nicht in Bestandskraft und könne von daher ein...

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