Dr. Gregor Feiter, Dr. Andreas Nagel
Mit Urteil v. 17.9.2021 (Az. 3 O 144/19) hat das LG Kleve über die (orts-)übliche und angemessene Vergütung für die Erstellung einer Verfahrensdokumentation für eine Apotheke entschieden. Die Klägerin ist ein Unternehmen in Goch, das u. a. Leistungen aus dem Bereich des Datenschutzes und der Verfahrensdokumentation für gewerbliche Kunden erbringt. Der Beklagte betreibt eine Apotheke.
Er wurde von einer Steuerberatungskanzlei betreut, die unter gleicher Anschrift residiert wie die Klägerin. Der Steuerberater empfahl dem Beklagten Ende 2017, eine Verfahrensdokumentation erstellen zu lassen.
Klägerin berechnet 10.924,20 EUR netto für die Erstellung einer Verfahrensdokumentation
Ab November 2017 begann die Klägerin mit den Arbeiten zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation, die auf Wunsch des Beklagten jedoch nicht weitergeführt wurden. Diese Arbeiten rechnete die Klägerin mit einem Stundensatz von 120 EUR netto ab. Ihre Rechnung belief sich auf 2.713,20 EUR.
Anlässlich einer im April 2018 angekündigten Betriebsprüfung empfahl der Steuerberater dem Beklagten erneut die Erstellung einer Verfahrensdokumentation. Hierzu wurden Arbeiten in der Apotheke des Beklagten aufgenommen. Die Klägerin rechnete diesmal einen Stundensatz von 150 EUR ab. Ihre Rechnung belief sich auf 8.211 EUR.
Der Beklagte nahm die ihm nach der Zweitbeauftragung in gedruckter und digitaler Form zur Verfügung gestellte Verfahrensdokumentation entgegen, unterschrieb diese und verwendete sie im Rahmen der Betriebsprüfung, ohne dass bei der Betriebsprüfung hierzu Mängel vorgebracht wurden.
Beklagter zahlt lediglich 4.000 EUR
Nachdem die Klägerin beide Rechnungsbeträge angemahnt hatte, zahlte der Beklagte an die Klägerin lediglich 4.000 EUR.
Er behauptete, nicht die Klägerin, sondern den Steuerberater mit der Erstellung der Verfahrensdokumentation beauftragt zu haben, sodass die Klägerin gar nicht aktivlegitimiert sei. Über Kosten und Stundensätze sei nicht gesprochen worden. Als ortsüblich und angemessen sei ein Kostenrahmen von ca. 1.700 EUR bis max. 3.500 EUR anzusehen. Der von der Klägerin in Ansatz gebrachte Zeitaufwand sei überzogen und auch darauf zurückzuführen, dass die eingesetzten Mitarbeiter keine Kenntnisse von apothekenspezifischen Vorgängen hätten und überflüssige Bestandteile in die Verfahrensdokumentation übernommen hätten. Ferner habe die Klägerin versäumt, auf ein vorhandenes Qualitätsmanagementhandbuch und ein Systemhandbuch für die Software und ihr zur Verfügung gestellte Hardwarelisten zurückzugreifen.
Mit der Klage macht die Klägerin den Restbetrag i. H. v. 6.924,20 EUR geltend. Sie behauptet, dass der Steuerberater ihre Leistungen lediglich vermittelt und nicht selbst durch seine Kanzlei erbracht habe. Für den Erstauftrag sei ein Stundenhonorar von 120 EUR netto vereinbart worden. Für den Zweitauftrag sei wegen der Eilbedürftigkeit im Hinblick auf die anstehende Betriebsprüfung ein Honorar von 150 EUR netto vereinbart worden. Zusätzlicher Zeitaufwand sei dadurch entstanden, dass die Verfahrensdokumentation rückwirkend zum Stand 31.12.2015 zu erstellen war und hierfür die entsprechende Hardware zum Beauftragungszeitpunkt nicht mehr zur Verfügung stand (was der Beklagte bestreitet).
Gericht weist weitergehende Zahlungsklage ab
Das LG Kleve hat entschieden, dass der Klägerin kein weiterer Honoraranspruch zusteht. Vielmehr sei ihre Werklohnforderung durch die Zahlung des Beklagten i. H. v. 4.000 EUR erloschen.
Zunächst stellte das Gericht die Aktivlegitimation der Klägerin fest. Der Beklagte hatte ein Stammdatenblatt für Neukunden ausgefüllt und an die Klägerin zurückgesandt. Der zeugenschaftlich vernommene Steuerberater hatte ausgesagt, dass klar kommuniziert worden sei, dass er die Leistungen nur vermittle.
Auftrag zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation für eine Apotheke ist Werkvertrag
Sodann stellte das Gericht fest, dass sich der Vergütungsanspruch der Klägerin aus § 641 BGB ergebe. Der erste Werkvertrag sei durch eine sog. "freie Kündigung" (§ 648 BGB) beendet worden. Zwar setze auch der Vergütungsanspruch nach § 648 Satz 2 BGB nach neuerer BGH-Rechtsprechung eine Abnahme voraus. Die bis dahin erbrachten Leistungen habe der Beklagte jedoch konkludent abgenommen, indem er die Arbeiten entgegennahm, ohne Mängel zu rügen.
Bezogen auf die Arbeiten, die Gegenstand der Zweitrechnung sind, bejahte das LG ebenfalls eine zumindest konkludente Werksabnahme, weil der Beklagte die Verfahrensdokumentation entgegennahm, unterschrieb und im Rahmen der Betriebsprüfung verwandte.
Die übliche Vergütung richtet sich nach tatsächlichem Zeitaufwand oder einem Pauschalpreis
Zur Vergütungshöhe führt das Gericht Folgendes aus: Die Klägerin habe nicht den Nachweis dafür erbracht, dass die Parteien Stundenhonorare von 120 EUR bzw. 150 EUR vereinbart hätten. Daher könne die Klägerin mangels Nachweises einer vereinbarten Vergütung nur die (orts-)übliche (angemessene) Vergütung i. S. d. § 632 Abs. 2 BGB beanspruchen. Bezüglich der üblichen Vergütung bezieht sic...