Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Simon Beyme
Frage: In Honorargestaltung für Steuerberater 10/2020 hatten Sie in dem Beitrag mit dem Titel "Wer muss (sich) mit wem (be)sprechen?" auf eine für Steuerberater erfreuliche Entscheidung des FG Düsseldorf hingewiesen. Die Notwendigkeit einer "Besprechung" setzt nach dieser Entscheidung (FG Düsseldorf, Beschluss v. 14.1.2020, 11 Ko 186/19 KF, DStR 2020, S. 614) nicht voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bzw. deren Bevollmächtigte selbst unmittelbar miteinander in einen Kommunikationsaustausch treten. Ein Steuerberaterkollege hat mir kürzlich bei einem Treffen erzählt, dass das Hessische FG dieser Auffassung nicht gefolgt ist. Warum sieht dieses Gericht dies anders?
Antwort: In der Tat: Das Hessische FG (Beschluss v. 11.1.2022, 6 Ko 1615/21, EFG 2022, S. 359) hat entschieden, dass vom Prozessbevollmächtigten geführte Telefongespräche mit dem Berichterstatter und dem Beklagten keine "außergerichtliche Besprechung" i. S. d. Abs. 3 der Vorbemerkung zu Teil 3 Abschn. 2 Unterabschn. 1 Nr. 3202 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG darstellen, und dementsprechend keine Terminsgebühr auslösen.
Berichterstatter kontaktierte Prozessbevollmächtigten telefonisch
Die durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin begehrte im Klageverfahren die Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide 2007, 2008, 2009 und 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung, nachdem das Finanzamt (FA) hierdurch den geltend gemachten Vorsteuerabzug aus 4 Eingangsrechnungen mit Verweis auf den fehlenden Leistungsaustausch und die formelle Mangelhaftigkeit der Rechnungen versagt hatte. Der Berichterstatter erteilte dem Prozessbevollmächtigten und dem FA im November 2019 einen jeweils gleichlautenden schriftlichen Hinweis. Das Hinweisschreiben enthielt Ausführungen zu den im Streitfall maßgeblichen formellen und materiellen Voraussetzungen des streitigen Vorsteuerabzugs unter vorläufiger Würdigung der verfahrensgegenständlichen 4 Rechnungen vorbehaltlich einer abschließenden Entscheidung des Senats, wobei der Klägerin anheimgestellt wurde, zur Behebung der vom Berichterstatter erwogenen formellen Mängel ergänzende Unterlagen vorzulegen.
In der Folge legte der Prozessbevollmächtigte verschiedene ergänzende Unterlagen vor, zu denen das FA schriftlich Stellung nahm und dabei eine teilweise Anerkennung des streitigen Vorsteuerabzugs bei Vorlage berichtigter (d. h. den formellen Anforderungen entsprechender) Rechnungen des Leistungserbringers entsprechend dem Hinweisschreiben des Berichterstatters ankündigte. Die Versagung des Vorsteuerabzugs sei – so das FA – bei Vorlage formell ordnungsgemäßer Rechnungen insoweit auf einen bestimmten Betrag zu beschränken, der zuvor als mittelbare Schmiergeldzahlung gewürdigt worden sei. Nur insoweit liege den 4 Rechnungen kein Leistungsaustausch zu Grunde. Das darüberhinausgehende Vorsteuervolumen sei bei Erfüllung der formalen Rechnungsvoraussetzungen dagegen als leistungsbezogen anzuerkennen.
Nach Übermittlung dieser Stellungnahme an den Prozessbevollmächtigten legte dieser dem Gericht 3 berichtigte Rechnungen des Leistungserbringers vor, die das FA in einer vom Gericht angeforderten schriftlichen Erwiderung für nunmehr formell ordnungsgemäß erachtete.
Der Berichterstatter kontaktierte den Prozessbevollmächtigten per Telefon und fragte an, ob er mit dem Lösungsvorschlag des FA bezüglich einer teilweisen Anerkennung des Vorsteuerabzugs aufgrund von Rechnungsberichtigungen bei gleichzeitigem Verzicht der Klägerin auf das vom Beklagten weiterhin nicht anerkannte Vorsteuervolumen aus den (im Einzelnen streitigen) Schmiergeldzahlungen einverstanden sei. Aus dem vom Berichterstatter gefertigten Vermerk über das Telefonat ergaben sich wörtlich die folgenden weiteren Bemerkungen: "Herr (…) [der Prozessbevollmächtigte] will die Thematik mit seiner Mandantschaft besprechen und ggf. das FA kontaktieren und dem Gericht dann Bescheid geben, ob eine streitige Entscheidung des Senats erforderlich ist."
Im Folgenden erließ das FA für die Streitjahre geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen es den streitigen Vorsteuerabzug wie angekündigt für die Jahre 2008, 2009 (und später auch 2007) teilweise und für 2011 vollständig anerkannte. Daraufhin bat die Klägerin das Gericht hinsichtlich der verbliebenen Vorsteueranteile um eine streitige Entscheidung. Für das vom FA betragsmäßig vollständig abgeholfene Streitjahr 2011 erklärten die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt. In der anschließenden mündlichen Verhandlung trennte der Senat das für erledigt erklärte Verfahren ab und gab hinsichtlich der streitig verbliebenen Vorsteueranteile der Klage statt.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für das abgetrennte und das verbliebene Verfahren je eine Terminsgebühr nach § 13 RVG i. V. m. Nr. 3202 VV RVG aus den vollen (d. h. bei Klageerhebung) einschlägigen Gegenstandswerten geltend. Der Kostenbeamte gewährte die beantragte Terminsgebühr nicht aus den anteiligen anfänglichen Streitw...