Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
Tz. 1514
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Als Abkommensberechtigung bezeichnet man die Berechtigung, die Beschränkungen der Besteuerungsrechte der Staaten nach den sog Zuweisungsartikeln der DBA (Art 6-21 OECD-MA) für sich in Anspruch zu nehmen. Die praktische Bedeutung liegt vor allem im Bereich des BetrSt-Vorbehalts, wonach idR nach Art 10 Abs 4, Art 11 Abs 3 und Art 12 Abs 3 OECD-MA bei funktionaler Zuordnung zu einer BetrSt die Grundsatze der Art 5 und 7 des OECD-MA (Sitzstaat oder BetrSt-Besteuerung) einer Quellenbesteuerung (Art 10 Abs 2, Art 11 Abs 2, Art 12 Abs 2 OECD-MA) vorgehen. Nur Abkommensberechtigte können sich auf den Abkommensschutz berufen, dh die Zuweisung von Besteuerungsrechten beanspruchen und insbes die Reduktion von Quellen-St beantragen. Gem Art 1 OECD-MA sind grds nur ansässige Personen abkommensberechtigt (Art 3 Abs 1 Buchst a iVm Art 4 Abs 1 OECD-MA).
Bei der grenzüberschreitenden Besteuerung stellen sich damit die Fragen:
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Wer ist abkommensberechtigt? |
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Ist eine Pers-Ges eine ansässige Person? |
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Wer kann sich gegenüber dem Quellenstaat für eine Reduktion der Quellensteuersätze auf das DBA berufen, wenn durch die Pers-Ges Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren vereinnahmt werden: Die Pers-Ges oder ihre Gesellschafter (oder ggf beide)? |
Tz. 1515
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Die Beurteilung ist hierbei abhängig von der stlichen Behandlung im ausl Staat (s Schr des BMF v 26.09.2014, BStBl I, 1258 Rn 2.1.2.). Hierbei sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
1. |
Wird die Pers-Ges im Sitzstaat transparent behandelt, so hat laut OECD-MK der Quellenstaat dem zu folgen und entspr für die Erhebung der Quellen-St das DBA zwischen den Gesellschaftern der Pers-Ges und dem Quellenstaat anzuwenden (= uneingeschr Transparenzprinzip). |
2. |
Wird die Pers-Ges hingegen im ausl Ansässigkeitsstaat als intransparent behandelt, so hat der Quellenstaat dem zu folgen und für die Erhebung der Quellen-St das DBA zwischen dem Quellenstaat und dem Ansässigkeitsstaat der Pers-Ges anzuwenden (s Rn 29 des OECD Partnership Report 1999, OECD-MA 2000 zu Art 3.) In einer zweiten Prüfungsebene ist dann allerdings neben der Abkommensberechtigung nach DBA auch die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs aus dem nationalen Recht des Quellenstaats zu prüfen. In D ist dann zu prüfen, ob die spezifischen Entlastungsregelungen des § 50d EStG (insbes § 50d Abs 1 und 3 EStG), die punktuell als sog Treaty override ausgebildet sind, eine Erstattung ermöglichen. |
Da die Beurteilung damit aber vor allem abhängig ist von der stlichen Behandlung im ausl Staat, ergeben sich nachfolgende Detailaspekte.
5.1.4.1 Transparente Besteuerung im Sitzstaat
Tz. 1516
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Soweit im Sitzstaat der Pers-Ges eine transparente Behandlung besteht, ergeben sich abkommensrechtlich keine Probleme. Die Abkommensberechtigung ist nicht auf der Ebene der Pers-Ges, sondern auf der Ebene der einzelnen Gesellschafter zu prüfen (Rn 2.1.1 und Rn 2.1.2 der Verw-Grds Pers-Ges). Dies entspr auch der Beurteilung in der Lit (s Schaumburg, Internationales StR, 3. Aufl, Rn 16.177; s Lechner, Pers-Ges im Recht der DBA, 69). Die Gesellschafter sind die abkommensberechtigten Personen iSv Art 1, 3 Abs 1 a) und b) OECD-MA.
Für die Praxis ergeben sich hieraus allerdings erhebliche Probleme:
Beispiel 1:
Eine dt OHG, an der zu je 1/3 zwei dt und eine portugiesische Kap-Ges beteiligt sind, hat Kap-Anlagen in den USA, die mit einer Quellen-St belastet sind.
Während für die dt Gesellschafter die Entlastung nach Art 11 DBA USA (regelmäßig Quellen-St Null) möglich ist, richtet sich die Entlastung für den portugiesischen Gesellschafter nach dem DBA USA-Portugal. Dies gilt unabhängig von der Frage, dass die Erträge funktional der inl OHG zuzuordnen sind (BetrSt-Vorbehalt) und die Eink im Rahmen der inl beschr KSt-Pflicht des ausl Gesellschafters erfasst werden.
Beispiel 2:
Die X-KG hat als Familiengesellschaft in der 3. Generation über 400 natürliche Personen oder vorgeschaltete Kap-Ges als Gesellschafter.
Die KG hat eine Vertriebs- und Produktionsgesellschaft in Griechenland. Auf Dividenden erhebt Griechenland eine Quellen-St von 45 %. Nach dem DBA Griechenland ist für Steuerinländer eine Quellen-St von 25 % zulässig (Art VI DBA Griechenland). Der Steuerberater wird beauftragt, die St-Entlastung zu beantragen. Grds ist für jeden Gesellschafter ein Antrag erforderlich. Ggf lassen aber ausl Finanz-Verw im Einzelfall ein vereinfachtes Verfahren zu.
Um diese Praxisprobleme zu vermeiden, erteilt die dt Fin-Verw ab 2015 gesonderte Bescheinigungen über den inl Sitz und Geschäftsleitung und damit das Besteuerungrecht nach Art 7 OECD-MA für Pers-Ges. Es handelt sich allerdings nicht um Ansässigkeitsbescheinigungen iS der Art 4 und 28 der dt DBA.
5.1.4.2 Intransparente Behandlung im ausländischen Sitzstaat
Tz. 1517
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Eine Vielzahl von ausl Staaten behandelt Pers-Ges als intransparent (s die Aufstellungen bei Vogel/Lehner, DBA, Art 1 Rz 27b; Schmidt, IWB, F10 Gr2, 1331). Für diesen Fall wird überwiegend von der Abkommensberechtigung der Pers-Ges selbst ausgegangen (Rn 29 des O...