Rz. 41
§ 7 Abs. 1 bestimmt, dass Beschäftigung eine nichtselbständige Arbeit ist. Beschäftigung ist damit das Gegenstück zur selbständigen Tätigkeit. Der durch Gesetz v. 20.12.1999 eingefügte Abs. 1 Satz 2 regelt insoweit nichts Neues, sondern stellt nur erläuternd klar, dass es bei diesen auf jahrelanger Rechtsprechung beruhenden Abgrenzungskriterien – auch nach den Änderungen aufgrund des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte – verbleibt (BT-Drs. 14/1855 S. 9). Das Gesetz verwendet zwar nicht mehr den Ausdruck "abhängig". Der Begriff "nichtselbständig" umschreibt aber genau dies. Eine nichtselbständige Tätigkeit ist eine abhängige Tätigkeit i. S. d. bisherigen Rechtsprechung. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 HS 2) und er dabei einem die Zeit, die Dauer, den Ort und die Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 HS 1) unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko (vgl. hierzu auch Rz. 48, 57, 61, 81, 91, 135), das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R). Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil v. 29.6.2016, B 12 R 5/14 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.9.2017, L 5 R 4632/16; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 21.8.2017, L 2 R 248/17). Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R; BSG, Urteil v. 12.2.2004, B 12 KR 26/02 R; BSG, Urteil v. 19.8.2003, B 2 U 38/02 R; hierzu auch BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 R 1/13 R; Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R – hauswirtschaftlicher Familienbetreuer; Urteil v. 27.7.2011, B 12 KR 10/09 R – Arbeitgebereigenschaft der verfassten Studentenschaft einer Hochschule). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 21.8.2017, L 2 R 248/17 m. w. N. und Hinweis auf BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R).
Rz. 42
Die persönliche Abhängigkeit ist von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit abzugrenzen ist. Letztere kann für das Vorliegen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zwar ein Indiz sein, ist hierfür indessen keine zwingende Voraussetzung (BSG, Urteil v. 30.11.1973, 7 RAr 2/68; als Beispiel vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 11.5.2017, L 5 KR 74/15). Dabei ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen (BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 R 1/13 R; Urteil v. 27.7.2011, B 12 KR 10/09 R – Arbeitgebereigenschaft der verfassten Studentenschaft einer Hochschule). Parteivereinbarungen haben nur untergeordnete Bedeutung (vgl. BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 38/98 R; vgl. auch oben Rz. 26 ff.). Als gesetzlicher Beleg dafür, dass wirtschaftliche Abhängigkeiten nicht geeignet sind, aus einem Selbständigen einen abhängig Beschäftigten zu machen, dient § 2 Nr. 9 SGB VI. Danach sind arbeitnehmerähnliche Selbständige zwar in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, das Gesetz behandelt sie aber gleichwohl als Selbständige und nicht als Beschäftigte (so LSG Bayern, Urteil v. 15.12.2016, L 9 AL 185/12).
Verkürzt: Persönlich abhängig ist der Arbeitende dann, wenn
- er in den Betrieb eines Dritten eingegliedert ist
und
- dem Direktionsrecht des Betriebsinhabers unterliegt (BSG, Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R, USK 2015-62; Urteil v. 31.3.2015, B 12 R 1/13 R; Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R; BSG, Urteile v. 28.11.1990, 5 RJ 87/89; Urteil v. 8.8.1990, 11 RAr 77/89; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.9.2017, L 1 KR 311/15; Urteil v. 7.7.2017, L 1 KR 41/14; LSG Hessen, Urteil v. 10.8.2017, L 1 KR 394/15).
Rz. 43
Das für das Beschäftigungsverhältnis charakteristische Merkmal der persönlichen Abhängigkeit kann in Ausnahmefällen auch allein durch die Eingliederung in einen Betrieb oder durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gekennzeichnet sein. In der Regel sind beide miteinander verbunden (kritisch zum Merkmal der Eingliederung Hromadka, NJW 2003 S, 1847, 1848). Betrieb in diesem Sinne kann ein Unternehmen, ein Haushalt (vgl. § 27a Abs. 7) oder eine Behörde sein. Zwischen dem Arbeitgeber und dem im Betrieb eingegliederten Arbeitenden muss ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis bestehen. Dem Arbeitgebe...