Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum:
Kramer, Zur Zulässigkeit gemeinsamer Ermittlungsgruppen des Polizeivollzugsdienstes und des Zollfahndungsdienstes im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität, wistra 1990, 170; Lenz/Mölls, Die Falschgeldentscheidung des EuGH, ZfZ 1992, 210; Olbertz, Keine Abgabenentstehung für verbotswidrig eingeführte oder vertriebene Erzeugnisse?, ZfZ 1992, 195; Witte, Die Zollschuldverordnung, ZfZ 1990, 8.
Rz. 537
In § 370 Abs. 5 AO wird klargestellt, dass eine Steuerhinterziehung auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden kann, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist (so im Grundsatz auch Art. 83 Abs. 1 UZK, mit Ausnahmen in Abs. 2, s. Rz. 538). In ihrem Rechtsgedanken entspricht die Vorschrift dem § 40 AO, wonach es für die Besteuerung unerheblich ist, ob das die Besteuerung auslösende Verhalten gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (s. Rz. 1248 ff.). § 370 Abs. 5 AO stimmt wörtlich mit § 396 Abs. 6 RAO 1931 überein, durch den die seinerzeit zwischen dem RG und dem RFH bestehende Streitfrage, ob Zollhinterziehung nur beim Schmuggel solcher Sachen möglich sei, deren Einfuhr erlaubt ist, im Sinne des diese Frage verneinenden RFH geregelt wurde. In diesen Fällen besteht regelmäßig Tateinheit mit dem Bannbruch nach § 372 Abs. 2 AO sowie ggf. mit dem jeweiligen Sonderstraftatbestand (s. § 372 Rz. 97). Zum Problem der Selbstbelastung durch die steuerlich gebotenen Angaben in diesen Fällen s. Rz. 304 ff. und 1249.
Rz. 538
Keine Ein- und Ausfuhrabgaben (Art. 5 Nr. 20, 21 UZK; Zollschuld Art. 5 Nr. 18 UZK) entstehen nach Art. 83 Abs. 2 UZK für das Verbringen von Suchtstoffen und psychotropen Substanzen in das Zollgebiet der Union, die nicht unter strenger Überwachung im Hinblick auf ihre Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke stehen, sowie für das Verbringen von Falschgeld. Insoweit können also keine Einfuhrabgaben hinterzogen werden. Der Zollkodex folgt damit der Rspr. des EuGH (s. Rz. 1256). Aus Art. 83 Abs. 3 UZK ergibt sich nichts anderes. Danach gilt für die Zwecke der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften die Zollschuld dennoch als entstanden, wenn die Zölle oder das Bestehen einer Zollschuld nach dem Recht eines Mitgliedstaats die Grundlage für die Festlegung der Sanktionen bilden. Die verbotswidrige Einfuhr kann nach § 372 AO oder nach Tatbeständen geahndet werden, die die Tat als Zuwiderhandlung gegen ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbot mit Strafe bedrohen, insb. nach den Strafvorschriften des BtMG.
Rz. 539
Obwohl Art. 83 Abs. 2 UZK Ausnahmen vom Entstehen der Zollschuld nur für Suchtstoffe oder psychotrope Stoffe und für Falschgeld vorsieht, ist die Aufzählung nicht als abschließend anzusehen. Denkbar ist eine Erweiterung auf illegal eingeführte artengeschützte Tiere und Pflanzen, geschütztes Kulturgut anderer Staaten, Kernbrennstoffe oder nuklear verseuchtes Material. Einleuchtend ist es, sämtliche Gegenstände, die in der Union nicht in den freien Wirtschaftskreislauf gebracht werden dürfen und die deshalb nach § 375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO oder anderen strafrechtlichen Spezialvorschriften (etwa § 61 LFGB, § 54 Abs. 1 WaffG) eingezogen werden können, dann von der Einfuhr- oder Ausfuhrbesteuerung auszunehmen, wenn die Einziehung erfolgen muss, sich also bei Ermessensvorschriften das Ermessen auf null reduziert hat. Es ist nicht erklärbar, warum der Betroffene für einen Gegenstand, der ihm zu entziehen ist, Abgaben entrichten soll (vgl. Art. 124 Abs. 1 Buchst. e UZK).
Rz. 540– 541
Einstweilen frei.