Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 344
Adressaten der Verpflichtung nach § 153 Abs. 1 AO sind der Stpfl. (§ 33 AO), sein Gesamtrechtsnachfolger (§ 153 Abs. 1 Satz 2 AO) und die nach §§ 34, 35 AO für den Stpfl. oder seinen Gesamtrechtsnachfolger handelnden Personen (s. Rz. 292 ff.). Berichtigungspflichtig nach § 153 Abs. 1 AO ist auch der Testamentsvollstrecker sowie der Insolvenzverwalter hinsichtlich solcher Erklärungen des Gemeinschuldners, die in die Insolvenzmasse fallende Steueransprüche betreffen und die zeitlich vor Beginn der Amtszeit des Insolvenzverwalters abgegeben wurden. Nicht berichtigungspflichtig ist der vorläufig bestellte Insolvenzverwalter, da ihm nur Sicherungsmaßnahmen für das Vermögen obliegen (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Im Falle der Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern (§ 153 Abs. 1 Nr. 2 AO) trifft die Verpflichtung den Entrichtungsschuldner. Nicht berichtigungspflichtig sind in § 153 AO nicht genannte Personen, auch wenn sie steuerrechtlich bestimmte Mitteilungen machen müssen, wie z.B. Kreditinstitute über Bankguthaben nach § 33 ErbStG, und nachträglich erkennen, dass die Mitteilung fehlerhaft war.
Rz. 345
Mit Amtsaufgabe erlischt die Berichtigungspflicht ex nunc. Erfährt also bspw. der Geschäftsführer einer GmbH erst nach seinem Ausscheiden, dass die für die GmbH abgegebene Steuerklärung falsch war, trifft ihn keine Berichtigungspflicht mehr. Eine schon zuvor begründete Berichtigungspflicht bleibt davon aber unberührt (zu § 36 AO s. Rz. 298). Regelmäßig wird die Erfüllung dieser Pflicht auch als letzte amtliche Handlung möglich sein. Der neu bestellte Geschäftsführer ist verpflichtet, die zuvor von seinem Vorgänger für die GmbH gemachten unrichtigen oder unvollständigen Angaben zu berichtigen, weil nunmehr er für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich ist. Das gilt auch, wenn er die Unrichtigkeit der Erklärung des anderen von Anfang an kannte (s. Rz. 337).
Rz. 346
Die verpflichteten Personen müssen auch dann die Berichtigung vornehmen, wenn die Erklärung durch eine Hilfsperson oder einen anderen Dritten für sie, etwa durch einen Notar im Falle des § 18 GrEStG, abgegeben wurde. Berichtigt die Hilfsperson die Erklärung, so hat damit der Verpflichtete selbst seine Berichtigungspflicht erfüllt. Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer bezieht sich die Berichtigungspflicht nur auf die Einkünfte desjenigen Ehegatten, der sie selbst erzielt hat (s. dazu Rz. 115 ff.; zur Gütergemeinschaft s. aber Rz. 347).
Rz. 347
Gesamtrechtsnachfolge setzt den kraft Gesetzes erfolgenden Übergang eines gesamten Vermögens oder Sondervermögens voraus. Als nach § 153 Abs. 1 AO verpflichtete Gesamtrechtsnachfolger (§ 45 Abs. 1 AO) kommen insbesondere Erben (§ 1922 BGB) und Nacherben (§ 2139 BGB) in Betracht. Eine Gesamtrechtsnachfolge liegt nicht vor, wenn nur einzelne Vermögensgegenstände übertragen werden oder die Übertragung durch Rechtsgeschäft erfolgt, sowie beim Vermächtnis (§ 2174 BGB), da dieses nur einen schuldrechtlichen Übertragungsanspruch begründet. Zum nachträglichen Erkennen der Unrichtigkeit s. Rz. 337.
Rz. 348
Der Steuerberater und seine Mitarbeiter und auch der Compliance Officer gehören nicht zu dem in § 153 AO bezeichneten Personenkreis, so dass sie keine Rechtspflicht zur nachträglichen Berichtigung nach § 153 AO trifft (s. Rz. 221). Aus der beruflichen Stellung des Steuerberaters lässt sich auch nach Auffassung des BGH regelmäßig keine Garantenstellung aus § 13 Abs. 1 StGB herleiten. Zur Garantenstellung aus der Übernahme der Pflicht, Gefahrenquellen zu überwachen, und aus Ingerenz s. Rz. 221 ff. Ebenso wenig ist der Berater verpflichtet, den steuerunehrlichen Mandanten zu einer Selbstanzeige nach § 371 AO zu bewegen, wobei überdies unklar wäre, ob solche Bemühungen Erfolg hätten und den Verkürzungserfolg verhindern würden.
"a) Eine Verpflichtung, den Angeklagten W. in dessen Eigenschaft als Liquidator der GmbH (§§ 34, 153 Abs. 1 Satz 2 AO) zu einer Selbstanzeige nach § 371 AO zu bewegen, bestand nicht. Denn insoweit handelt es sich um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund für den Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung, ohne dass daraus eine rechtliche Verpflichtung für die Beteiligten zur Selbstanzeige erwächst; eine solche kann aus § 371 AO folglich erst recht nicht für einen an der Tat nicht beteiligten Dritten hergeleitet werden, der erst nachträglich Kenntnis von einer Steuerhinterziehung erhält."