Rz. 159
Grundsätzlich wird von dem Täter erwartet, dass er seine Berichtigungserklärung so abgibt, wie dies bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner steuerrechtlichen Erklärungs- und Auskunftspflichten schon früher hätte geschehen müssen. Es dürfen aber auch keine strengeren Maßstäbe angelegt werden als im Steuerermittlungsverfahren, bei dem es genügt, dass der Stpfl. sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, seine Erklärungen richtig und rechtzeitig abzugeben.
Rz. 160
Es müssen nur steuererhebliche Tatsachen mitgeteilt werden (s. Rz. 158). Die steuerliche Beurteilung der Tatsachen ist Sache der FinB und eine abweichende rechtliche Würdigung des wahrheitsgemäß offenbarten Sachverhalts durch den Stpfl. ist unschädlich.
Rz. 161
Entsprechend dem Ziel, dem Staat bisher verheimlichte Steuerquellen zu erschließen, müssen in der Berichtigungserklärung die wirklichen Besteuerungsgrundlagen nach Art und Umfang dargelegt werden, so dass die FinB aufgrund dieser Angaben in die Lage versetzt wird, die Steuer richtig zu veranlagen oder eine bereits erfolgte Veranlagung zu berichtigen.
Was dies im Einzelfall bedeutet, hängt von den konkreten Tatumständen ab: Zum Beispiel kann der wesentliche Inhalt einer Berichtigungserklärung darin bestehen, dass der Täter nunmehr seinen Umsatz, seinen Gewinn oder zumindest die für die Besteuerungsgrundlage – z.B. Einkommen, Vermögen, Umsatz, Grundstücksveräußerung – maßgebenden Umstände (Höhe der Einnahmen und Ausgaben, Höhe der Umsätze, Kaufpreis, Rechnungspreis und Preisnachlässe beim Zoll) richtig anzugeben hat. Regelmäßig sind also Zahlenangaben zu machen.
Rz. 162
Das bedeutet allerdings nicht, dass die "Anzeige sämtliche zahlenmäßigen Unterlagen derart erschöpfend enthalten müsste, dass das Finanzamt die Nach- oder Neuveranlagung auf der Stelle durchführen kann". Zu weit geht auch das Erfordernis, dass eine Festsetzung der nachzufordernden Steuer ohne jede weitere Aufklärungstätigkeit möglich sein soll. Die Darstellung muss allerdings so konkretisiert sein, dass es der FinB möglich ist, auf dieser Grundlage ohne weitere langwierige, größere Nachforschungen und unabhängig von einer weiteren Mithilfebereitschaft des Stpfl. den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer zu berechnen und festzusetzen. Genügen die Angaben – bei Anwendung eines strengen Maßstabes – diesen Anforderungen nicht, liegt keine wirksame Selbstanzeige vor. Vielmehr ist nach Ansicht des BGH dann lediglich die Ankündigung einer Selbstanzeige gegeben.
Unschädlich ist dagegen z.B., dass die "zahlenmäßige Berechnung der Steuerschuld noch eine gewisse eigene Aufklärung durch das Finanzamt erfordert, sei es z.B. durch Heranziehung früherer bei ihm geführter Steuervorgänge, sei es durch Anfragen an Stellen, die ihm gegenüber zur Auskunft verpflichtet oder zweifellos bereit sind".
Beispiel 47
Die Eheleute A und B hatten für die Jahre 1927–1931, um Vermögen- und Einkommensteuern hinterziehen zu können, in ihren Steuererklärungen ihr Kapitalvermögen und Zinsaufkommen verschwiegen. Am 15.10.1931 haben sie der FinB einen Teil ihres Vermögens offenbart, den Rest aber verschwiegen. Angegeben war u.a. ein Guthaben bei der Spar- und Darlehenskasse St. i.H.v. 11.300 RM "nach Abzug der laufenden Schulden" und ein weiteres Guthaben bei derselben Kasse von 6.000 RM. Unter Anknüpfung an die oben zitierten Ausführungen beanstandete das RG, dass das LG nicht geprüft habe, ob in der Angabe der Bankkonten nicht erkennbar die Offenlegung von Kapitalvermögen für die Jahre 1927–1930 gelegen habe. Die Bewegung der Bankkonten habe für diese Zeit "jederzeit mit Leichtigkeit festgestellt" werden können (S. 352). Es sei auch zu prüfen, ob die Angeklagten mit dem Kapitalposten von "nach Abzug der laufenden Schulden ... 11.300 RM" nicht lediglich diesen Überschuss, sondern erkennbar das ganze Guthaben offengelegt haben.
Rz. 163
Dass der FinB durch die Selbstanzeige andererseits nicht zu viel an eigener Ermittlungstätigkeit zugemutet werden darf, zeigt folgender Fall.
Beispiel 48
Ein Unternehmen, das konzernrechtlich in eine Mutter- und mehrere Tochtergesellschaften gegliedert war, hatte von 1955–1958 Grundstücke im Wert von etwa 1 Mio. DM zu stopp-Vorschrifts-widrigen Preisen auf Vorrat gekauft. In den notariellen Kaufverträgen und in den Bilanzen der Muttergesellschaft wurden nur die Stopp-Preise ausgewiesen. Die Mehrpreise bezahlte eine Tochtergesellschaft, die sie gewinnmindernd über ein sog. Unkostenkonto als Kaufgeld für Aufwuchs und Zubehör aufgrund angeblicher vertraglicher Verpflichtungen verbuchte. Beide Gesellschaften gaben bilanzentsprechende Steuererklärungen ab. Am 22.10.1958 erstatteten der angeklagte geschäftsführende Gesellschafter der Muttergesellschaft A und deren mitangeklagter Prokurist F – A und F waren zugleich Prokuristen der Tochtergesellschaft – bei der FinB für die Muttergesellschaft wegen der verkürzten Grunderwerbsteuern Sel...