Rz. 718
Für die Verjährung der Steuergefährdung gilt § 384 AO. Die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt – abweichend von § 31 OWiG (zwei Jahre) – fünf Jahre. Zu den Einzelheiten und zu den gesetzgeberischen Motiven für die Verlängerung der Verfolgungsverjährungsfrist (Entdeckung der Steuerordnungswidrigkeiten während einer Außenprüfung) vgl. im Einzelnen § 384 Rz. 3 und § 377 Rz. 151 ff.
Rz. 719
Die Verjährung beginnt mit der Beendigung der Tat (§ 31 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 377 Abs. 2 AO). Infolge der unterschiedlichen Deliktsnatur der einzelnen Tatalternativen des § 379 AO ist maßgeblicher Beendigungszeitpunkt bei den Steuergefährdungen i.S.d. Abs. 1
- das Ausstellen der Falschbelege (Nr. 1),
- das Inverkehrbringen von Belegen gegen Entgelt (Nr. 2),
- die Vornahme der unrichtigen oder das Unterlassen der richtigen Buchungen oder Aufzeichnungen (Nr. 3),
- die Nicht- oder Falschverwendung des elektronischen Aufzeichnungssystems (Nr. 4),
- das Nichtschützen oder nicht richtige Schützen des elektronischen Aufzeichnungssystems (Nr. 5),
- das gewerbsmäßige Bewerben bzw. Inverkehrbringen eines ordnungswidrigen elektronischen Aufzeichnungssystems (Nr. 6).
Bei Steuergefährdungen nach Abs. 2 ist maßgeblicher Beendigungszeitpunkt
- bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten bei Auslandsbeteiligungen (§ 138 AO) der Ablauf der Meldefrist des § 138 Abs. 5 AO (Nr. 1),
- die Nicht- oder Falschaufzeichnung des Warenausgangs (Nr. 1a),
- die Zuwiderhandlung (Nr. 1b),
- bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten bei Bestehen multinationaler Unternehmensgruppen (§ 138a AO) der Ablauf der Meldefrist des § 138a Abs. 6 AO (Nr. 1c),
- bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten über Beziehungen zu Drittstaat-Gesellschaften (§ 138b AO) der Ablauf der Meldefrist des § 138b Abs. 4 AO (Nr. 1d),
- bei Verstößen gegen Mitteilungspflichten bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen der Ablauf der Meldefristen der §§ 138f Abs. 2 bzw. 138h Abs. 2 AO (Nr. 1e und 1f),
- bei Verstößen gegen die Angabepflicht von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen in der Steuererklärung (§ 138k AO) der Ablauf der Steuererklärungsfrist (Nr. 1g),
- bei Verstößen gegen die Pflicht zur Kontenwahrheit (§ 154 AO) die Vornahme der in § 154 Abs. 2 Nr. 2 AO bezeichneten Handlungen.
Bei der Steuergefährdung i.S.d. Abs. 3 ist Beendigungszeitpunkt der Zeitpunkt des (durch Tun oder Unterlassen begangenen) Zuwiderhandelns gegen eine Auflage im Zusammenhang mit der besonderen Steueraufsicht.
Rz. 720
Bei den Mitteilungs- und Anzeigepflichten des § 379 Abs. 2 Nr. 1, 1c, 1d, 1e, 1f und 1g AO handelt es sich auch mit Blick auf die Verjährung nicht um sog. "Dauerordnungswidrigkeiten" (s. Rz. 615), bei der die Verjährung erst zu laufen beginnt, wenn der rechtswidrige Zustand der Nichtmitteilung, der nicht vollständigen bzw. der nicht rechtzeitigen Mitteilung beendet wurde. Der Gesetzgeber hat die Verjährungsfrist für bestimmte Steuerordnungswidrigkeiten in § 384 AO separat und in Abweichung von der allgemeinen Vorgabe aus § 31 OWiG geregelt. Durch diese Regelung sollte ein Gleichlauf der Verjährungsfristen für die dort angesprochenen Steuerordnungswidrigkeiten im Vergleich zu § 370 AO herbeigeführt werden. Durch die Einführung einer verlängerten Frist in § 384 AO sollte sichergestellt werden, dass die entsprechenden steuerlichen Sachverhalte durch Betriebsprüfungen etc. aufgegriffen werden können, bevor die kurzen Verjährungsfristen des OWiG ablaufen. Die Überlegungen des Gesetzgebers zeigen, dass auch der Verstoß gegen die Mitteilungspflichten aus § 138 Abs. 2 AO nach der Konzeption des Gesetzes nicht als "Dauerdelikt" angesehen wird. Denn wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Verjährung überhaupt erst beginnt, wenn die entsprechende Mitteilungsfrist erloschen ist, so wäre die Regelung des § 384 AO für die durch Unterlassen begangenen Ordnungswidrigkeiten aus den §§ 378 AO bis 380 AO nicht erforderlich gewesen. Eine entsprechende Differenzierung hat der Gesetzgeber in § 384 AO aber gerade nicht vorgesehen. Gegen die Annahme, bei den in § 379 Abs. 2 AO genannten Mitteilungspflichten handele es sich um "Dauerdelikte", spricht auch, dass das Gesetz sprachlich nicht die Herbeiführung eines bestimmten Zustands sanktioniert, sondern explizit auf das Verhalten und die unterlassene Mitteilung im Fälligkeitszeitpunkt abstellt.
Rz. 721
Soweit in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, dass die Verjährung bei den Unterlassensvarianten der abstrakten Gefährdungsdelikte des § 379 Abs. 2 AO erst mit dem Erlöschen der Handlungspflicht beginnt, wird dort zur Begründung auf die Bestimmung des Verjährungsbeginns bei der unterlassenen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266a Abs. 1 StGB verwiesen. Gerade dieser Verweis zeigt allerdings, dass die Verknüpfung des Verjährungsbeginns mit dem Wegfall der Pflicht nicht überzeugend ist. Denn der 1. Strafsenat des BGH hat seine diesbezügliche Rspr. zu § 266a StGB zwisch...