Rz. 7
Zu den nationalen Zollrechtsbestimmungen (Zollgesetze und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen) i.S.v. § 382 Abs. 1 AO, auf die § 31 ZollVG und § 30 Abs. 1–3 ZollV Bezug nehmen, gehören nach der Vereinheitlichung des Zollrechts in der EU insbesondere:
- das Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) i.d.F. des Art. 1 des Zollrechtsänderungsgesetzes vom 21.12.1992,
- die Zollverordnung (ZollV) vom 23.12.1993,
- die Verordnung über die Ausdehnung des grenznahen Raumes und die der Grenzaufsicht unterworfenen Gebiete vom 14.8.2014 (GrenzAV 2014),
- das Gesetz zur Ausführung der zoll- und steuerrechtlichen Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts, des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte und des Protokolls und der Abkommen betreffend die in der Bundesrepublik Deutschland errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere (Truppenzollgesetz – TrZollG) vom 19.5.2009.
Gemäß § 382 Abs. 2 AO kommt der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 382 Abs. 1 AO auch in Betracht, wenn die Zollvorschriften und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen für Verbrauchsteuern sinngemäß gelten. Dies setzt voraus, dass die Verbrauchsteuern bei der Einfuhr in das Zollgebiet der EU erhoben werden, wie dies bei der Einfuhrumsatzsteuer der Fall ist (vgl. § 21 Abs. 2 UStG; EUStBV 1993; EVerbrStBV; zu den Einfuhrtatbeständen der Verbrauchsteuergesetze, für die die Zollvorschriften sinngemäß gelten, s. Rz. 51 sowie § 381 Rz. 11).
Rz. 7.1
Zum Unionsrecht i.S.v. § 382 Abs. 1 AO zählen:
- der seit dem 1.5.2016 anwendbare Zollkodex der Union (UZK) als Neufassung des früheren Zollkodex der Gemeinschaften (ZK), s. dazu § 370 Rz. 1526.1,
- die Durchführungsverordnung zum Zollkodex der Union (UZKDVO),
- die Delegierte Verordnung zur Präzisierung von Bestimmungen des UZK,
- die Delegierte Verordnung zur Ergänzung der Verordnung zur Festlegung des Zollkodex der Union,
- die Durchführungsverordnung zur Umsetzung der Bestimmungen des UZK,
- die EU-ZollbefreiungsVO
- der Zolltarif der EU (außerhalb des UZK und des ZollVG), soweit er in besonderen Rechtsakten (z.B. Kombinierte Nomenklatur, Abkommen über Zollpräferenzmaßnahmen, Antidumpingzölle u.a.) geregelt ist,
- das international vereinbarte TIR-Übereinkommen und das ATA-Übereinkommen beim internen und externen Versandverfahren, die über die Verweisung in Art. 226 Abs. 3, Art. 227 Abs. 2 UZK (früher Art. 91, 163 ZK), jeweils Buchst. b und c in das unionsrechtliche Zollrecht einbezogen sind.
Rz. 8
Da die EU-Verordnungen mangels entsprechender Kompetenzen der Rechtsetzungsorgane keine Straf- und Bußgeldandrohungen enthalten, ist das BMF ermächtigt, durch Rechtsverordnungen nach § 382 Abs. 4 AO die Tatbestände der Verordnungen des Rates der EU oder der Europäischen Kommission zu bezeichnen, die nach § 382 AO als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbuße bewehrt werden können. Zum Schutz der für Warenbewegungen über die EU-Außengrenzen geltenden Regeln sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen zollrechtliche Vorschriften der Union vorzusehen (vgl. Art. 42 Abs. 1 UZK).
Das BMF hat von seiner Ermächtigung mit dem abschließenden Katalog des § 30 Abs. 4–7 ZollV Gebrauch gemacht. Diese Bestimmungen transformieren quasi materielles europäisches Zollrecht in nationales Bußgeldrecht.
Rz. 8.1
Allerdings steht die (redaktionelle) Anpassung des § 30 ZollV an die Neuregelungen im Unionsrecht und den seit dem 1.5.2016 geltenden UZK (s. Rz. 7.1) noch aus. Derzeit verweisen die Bußgeldbestimmungen immer noch auf die nicht mehr geltenden Vorschriften der Zollkodex-VO Nr. 2913/92 (vgl. § 30 Abs. 4 und 5 ZollV) und der überholten Durchführungsverordnung Nr. 2454/93 (vgl. § 30 Abs. 6 und 7 ZollV). Diese Gesetzeslage entspricht inhaltlich nicht mehr dem maßgeblichen Unionsrecht. Daher gehen entweder die Bußgeldandrohungen nach § 30 Abs. 4–7 ZollV bereits ins Leere, da sie auf nicht mehr existente Regelungen verweisen und ihnen damit der Anwendungsbereich entzogen ist. Soweit man anderenfalls eine dynamische Verweisung auf das aktuelle Zollrecht der EU annehmen würde, läge darin aber ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG), der insoweit auch im Bußgeldverfahren zu beachten ist (s. § 381 Rz. 15). In der Folge sind bis zu einer Anpassung von § 30 ZollV an den UZK und die aktuellen Durchführungsbestimmungen (s. Rz. 7.1) keine Ahndungen von Zuwiderhandlungen nach § 30 Abs. 4–7 ZollV möglich und müssten bereits laufende Ermittlungsverfahren eingestellt werden.