Rz. 16
§ 386 AO verfolgt mehrere Zwecke. Die Notwendigkeit, steuerstrafrechtliche Ermittlungshandlungen vorzunehmen, ergibt sich in aller Regel im Rahmen des Besteuerungsverfahrens. Es liegt daher aus verfahrensökonomischen Gründen nahe, die (in der Regel sachnähere) Behörde mit den Ermittlungen zu betrauen, die ohnehin schon mit dem Sachverhalt befasst ist. Ein doppelter Verfahrensaufwand wird vermieden.
Rz. 17
Die Einschaltung der FinB in die steuerstrafrechtlichen Ermittlungen ermöglicht die Nutzung ihrer besonderen Sachkunde im steuerlichen Bereich. Zudem kann die FinB schneller und unkomplizierter auf Steuerakten und hausinterne Datenbanken zugreifen, etwa was den erforderlichen Abgleich mit den Steuerakten betrifft. Wegen der besonderen Eigenarten der Steuerverfehlungen ist die Erfassung der Delikte auch besonders schwierig. Ohne eine genaue Prüfung der Besteuerungsgrundlagen ist ein Rückschluss auf das Vorhandensein eines Steuervergehens oft nicht möglich und lässt sich der Verkürzungserfolg nicht feststellen. Zudem sind die Tatbestände des Steuerstrafrechts zum großen Teil als Blankettnormen gefasst. Sie müssen durch die Vorschriften des materiellen Steuerrechts erst ausgefüllt werden. Eine Ahndung von Steuerdelikten ist ohne spezielle Kenntnisse des Steuerrechts fast ausgeschlossen und führt schnell zu Fehlgriffen oder Irrtümern bei der Strafverfolgung.
Rz. 18
Die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen und die Steueraufsicht lassen sich von der Ermittlung strafbarer Steuerverkürzungen oder steuergefährdender Handlungen schwer trennen.
Rz. 19
Zudem lässt sich bei einem ersten oder vagen Tatverdacht, etwa im Rahmen von Flankenschutzmaßnahmen, unter Umständen noch nicht übersehen, ob es sich um eine Straftat, um eine bloße Ordnungswidrigkeit oder bspw. eine steuerrechtlich beachtliche Gestaltung handelt. Die Zuständigkeit der FinB für die Ermittlung von Steuerstraftaten ist deshalb von der Zuständigkeit zur Ahndung von Steuerordnungswidrigkeiten gem. § 409 AO nicht zu trennen.
Rz. 20
Der Finanzverwaltung kommt damit eine Doppelfunktion zu, d.h. im Besteuerungsverfahren fungiert sie als Verwaltungsbehörde, die auch die Besteuerungsgrundlagen ermittelt; im Steuerstrafverfahren als Justizorgan (s. näher § 393 Rz. 25 ff.; und nachst. Rz. 24–26). Die Norm ist verfassungsgemäß. Im Besteuerungsverfahren sind jedoch im Sinne des Nemo-tenetur-Grundsatzes Zwangsmittel gegen den Stpfl. unzulässig, wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten. Insoweit hat die Steufa stets deutlich zu erkennen zu geben, in welcher Funktion sie tätig wird. Die Zuständigkeit der Steufa ist nicht auf strafrechtlich unverjährte Zeiträume beschränkt. Die Arbeitsweise der Steufa wird im Wesentlichen bestimmt durch die Anweisungen zum Straf- und Bußgeldverfahren (AStBV; s. AStBV Rz. 0 ff.).
Rz. 21
Einstweilen frei.