Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 74
Ein effektives und mit Blick auf das Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 Satz 2 AO bedenkliches Druckmittel ist Verzögerungsgeld (§ 146 Abs. 2c AO – bis 2020 § 146 Abs. 2b AO). Ein solches kann – nur einmalig – i.H.v. 2.500–250.000 EUR verhängt werden, wenn der Stpfl. seinen Mitwirkungspflichten bei einer Außenprüfung nach § 200 AO nicht fristgerecht nachkommt. Der Stpfl. soll dadurch zeitnah angehalten werden, z.B. die Buchführung wieder ins Inland zu verlagern, den Datenzugriff einzuräumen oder Unterlagen vorzulegen. Als solches hat es sowohl präventiven als auch repressiven Charakter; es ist nicht nur auf ein Handeln oder Unterlassen gerichtet, sondern soll auch als Sanktion wirken und der Abschöpfung von Vorteilen dienen.
Rz. 75
Als Orientierungshilfe hierzu hat das BMF einen Fragen-Antwort-Katalog zum Verzögerungsgeld vom 28.9.2011 veröffentlicht. Danach handelt sich um ein Druckmittel eigener Art, auf das die für Zwangsmittel geltenden Vorschriften der §§ 328 ff. AO keine Anwendung finden (Nr. 2). Grundsätzlich könne auch nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens noch ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden. Sofern sich der Stpfl. aufgrund der verlangten Mitwirkung allerdings selbst belasten müsste, müsse von der Festsetzung abgesehen werden (Nr. 9).
Rz. 76
Dann fragt es sich aber, wo die Verwaltung die Grenze ziehen will, da nicht ersichtlich sein wird, wann und wodurch dem Stpfl. eine Selbstbelastung droht. Nach dem Rechtsgedanken des § 393 Abs. 1 Satz 3 AO wird vielmehr die Selbstbelastungsgefahr nach Einleitung des Strafverfahrens gem. § 397 AO unwiderleglich vermutet.
Nach BFH vom 12.2.2019 ist die Rechtsfrage, ob das im Steuerstrafverfahren geltende Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 Satz 2 AO auch der Festsetzung eines Verzögerungsgelds nach § 146 Abs. 2b AO (a.F.) entgegensteht, jedenfalls nicht von so offensichtlich grundsätzlicher Bedeutung, dass auf jegliche Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage und der hierzu bisher in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansichten verzichtet werden könnte. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage wäre in einem künftigen Revisionsverfahren zudem nicht klärungsfähig gewesen, da sie nicht entscheidungserheblich wäre. Das FG hatte nach Ansicht des BFH – unter Bezugnahme auf einen "Auswertungsbogen" des Prüfers – festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für die Verwirklichung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit durch den Kläger bestanden. Diese Feststellung würde den BFH auch in einem künftigen Revisionsverfahren binden. Damit wurde die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.
Die Beschwerdebegründung darf sich also nicht in der bloßen Formulierung der Rechtsfrage erschöpfen.