Schrifttum:
Alvermann, Der Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten, SAM 2012, 134; von Briel/Ehlscheid, Steuerliche Berücksichtigung von Kosten im Steuerstrafverfahren, BB 1999, 2539; Depping, Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben – zur steuerlichen Gestaltung von Honorarvereinbarungen, DStR 1994, 1487; Derlien/Schencking, Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit strafbefreiender Erklärung, DStR 2006, 553; Heuel/Matthey, Steuerliche Behandlung von Verteidigungsaufwendungen und Kostenübernahme durch Unternehmen, ZWH 2020, 9, 64; Kreft, Strafverteidigerkosten für das volljährige Kind kaum abziehbar, GStB 2020, 377; Mack/Zumwinkel, Kosten eines Prozesses als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig?, AG 2013, 86; Matthes, Steueramnestie: FG Düsseldorf deklariert Beratungskosten als Sonderausgaben, PStR 2008, 286; Preising/Kiesel, Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten, PStR 2006, 41; Randt/Schauf, Folgeprobleme der Steueramnestie in Veranlagung und Betriebsprüfung, DStR 2006, 537; Schmitz-Herscheidt, Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung, NWB 2013, 112; Spatscheck/Ehnert, Übernahme von Geldsanktionen und Verteidigerhonorar – Straf- und steuerrechtliche Aspekte, StraFo 2005, 265.
Rz. 61
Beispiel
Gegen S wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung 2014 eingeleitet. S hat auch in den Vorjahren unzutreffende Steuererklärungen abgegeben. Berater B erstellt für S eine Selbstanzeige für die Jahre 2010–2013 sowie eine korrigierte Einkommensteuererklärung 2014.
Beratungsaufwendungen, die dem Stpfl. anlässlich eines Steuerstrafverfahrens entstehen, konnten ertragsteuerlich zu berücksichtigende Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG, bis einschl. Veranlagungszeitraum 2005) bzw. können bei einem Zusammenhang mit einer Einkunftsquelle Werbungskosten oder Betriebsausgaben sein; weder § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG noch § 12 Nr. 4 EStG stehen dem entgegen. Zwar werden Aufwendungen, die für eine Strafverteidigung anfallen, als steuerrechtlich nicht abzugsfähig angesehen. Dies soll für alle Kosten gelten, die nach der Verfahrenseinleitung (§ 397 AO) entstehen, soweit die Beratung zugleich die Ermittlung des objektiven Verkürzungstatbestandes betrifft. Eine pauschale Betrachtung verbietet sich jedoch.
Zunächst sind hinsichtlich der Steuerberatungskosten aufgrund des strafrechtlichen Begriffs der Steuerstraftat und des steuerrechtlichen Prinzips der Abschnittsbesteuerung (vgl. § 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1 EStG) die jeweiligen Veranlagungszeiträume (Kalenderjahre), für welche die Kosten anfallen, separat zu betrachten. Da ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren nur wegen einer oder mehrerer bestimmter Taten, die sich nach Steuerart, Besteuerungszeitraum und Stpfl. bestimmen, geführt werden kann, bezieht sich ein Tatvorwurf auf bestimmte Veranlagungszeiträume. Nur bzgl. dieser Zeiträume kann es sich um Strafverteidigungskosten handeln. Es ist daher wie folgt zu differenzieren:
Rz. 62
- Betreffen die Beratungsleistungen Zeiträume, hinsichtlich derer kein Strafverfahren eingeleitet wurde, ist die Tätigkeit nach wie vor rein steuerrechtliche Beratung. Dies gilt z.B. für Gebühren für die Erstellung erstmaliger oder korrigierter Steuererklärungen, zu deren Abgabe der Stpfl. verpflichtet ist.
- Entsprechendes gilt für Zeiträume, bzgl. derer eine Selbstanzeige (§ 371 AO) oder strafbefreiende Erklärung nach dem StraBEG abgegeben wird. Für § 371 AO ist anerkannt, dass der Stpfl. – auch wenn er nicht verpflichtet ist, sich selbst anzuzeigen und sein steuerunehrliches Verhalten in der Vergangenheit aufzudecken – mit der Nacherklärung seinen abgabenrechtlichen Erklärungspflichten nachkommt. Als Reflex tritt bei wirksamer Erklärung Straffreiheit ein. In der Folge sind in diesem Zusammenhang entstandene Steuerberatungskosten nach den allgemeinen Grundsätzen steuermindernd zu berücksichtigen. Strafverteidigungskosten fallen (erst) dann an, wenn im Nachgang zu einer Selbstanzeige oder Amnestieerklärung Streit über deren Wirksamkeit besteht. Dies stellt (zumindest teilweise) Strafverteidigungstätigkeit dar und ist durch Schätzung abzugrenzen (dazu sogleich Rz. 63).
- Hinsichtlich der strafbefangenen Zeiträume wendet sich der Stpfl. mit einer an sich rein steuerrechtlichen Beratung zumindest teilweise auch gegen den erhobenen Vorwurf der Steuerzuwiderhandlung, so dass dies gleichzeitig Strafverteidigungstätigkeit ist. Andererseits erfüllt er nach wie vor die ihm obliegenden steuerrechtlichen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten, die nach § 393 Abs. 1 Satz 1 AO von laufenden Strafverfahren unberührt bleiben. Die Aufwendungen wären (zumindest zu einem wesentlichen Teil) auch ohne Einleitung (irgend)eines Steuerstrafverfahrens entstanden.
Rz. 63
In den beiden letztgenannten Fällen ist die Trennung zwischen Steuerberatungskosten und Strafverteidigungskosten im Einzelfall schwierig. Es verbleibt nur, die Kosten im Schätzungsweg angemessen aufzuteilen. Die st...