Rz. 81
Die eigenverantwortliche richterliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen ist keine bloße Formsache. Gleichwohl genügen richterliche Durchsuchungsbeschlüsse in der Praxis teils nicht den höchstrichterlichen Begründungsanforderungen: In der Durchsuchungsanordnung darf der Tatvorwurf nicht nur formelhaft anhand des maßgeblichen Gesetzestextes, sondern muss durch hinreichend konkrete Tatsachenangaben umschrieben werden. Die aufzuklärende Straftat muss mit Angaben zu Stpfl., Steuerart und Besteuerungszeitraum so genau wie möglich umschrieben werden. Daneben bedarf es einer deutlich umschriebenen Reichweite des Grundrechtseingriffs, d.h. der Angabe, in welchen Räumlichkeiten nach welchen (der Art und Gattung nach bezeichneten) Beweismitteln die Ermittler zu suchen haben. Die pauschale Annahme, es können Beweisgegenstände aufgefunden werden, genügt nicht. Nur so bleibt die Zwangsmaßnahme kontrollier- und messbar.
Rz. 82
Entsprechende Anforderungen bestehen grds. auch für richterliche Beschlagnahmeanordnungen. Die gesuchten und sicherzustellenden Beweismittel müssen hinreichend genau bestimmt sein, damit dem Betroffenen die freiwillige Herausgabe zur Abwendung der Zwangsmaßnahme möglich ist. Pauschale Vorwegbeschlagnahmen sind unzulässig und rechtswidrig, da sie letztendlich in das Belieben der die Zwangsmaßnahme durchführenden Ermittlungsbeamten stellen würden, welche Gegenstände unter die Beschlagnahmeanordnung fallen. Antragsberechtigt sind im Steuerstrafverfahren neben der Staatsanwaltschaft auch die Finanzbehörde als StraBu (§ 399 AO). Die zu beobachtende Praxis, dass die Finanzbehörde Durchsuchung oder Beschlagnahmebeschlüsse vorformulieren und über die Staatsanwaltschaft dem Ermittlungsrichter beim AG zuleiten, ist nicht zu beanstanden.
Rz. 83
Der Beschlagnahmebeschluss kann wegen der weiten Gesetzesformulierung "Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können" bereits ergehen, wenn nur die Möglichkeit besteht, dass der zu beschlagnahmende Gegenstand Beweisbedeutung haben kann. Dennoch besteht die Verpflichtung der Ermittlungsbehörden, die Auswertung der vorläufig sichergestellten Beweismittel im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und eventuelle Rechte Dritter zügig vorzunehmen, um abhängig von der Menge des sichergestellten Materials und dem Aufwand der Auswertung in angemessener Zeit zu entscheiden, was potentiell beweiserheblich dem Gericht zur Beschlagnahme vorgelegt werden kann und was wieder herauszugeben ist. Erst nach einer gründlichen Auswertung der Beweismittel kann i.d.R. die Relevanz festgestellt werden bzw. oftmals ergibt sich eine Relevanz auch erst im späteren Verlauf des Verfahrens. Ob der Gegenstand später beweiserheblich ist, ist irrelevant. Der Beschlagnahmebeschluss kann daher durchaus weit gefasst werden. Beschlagnahmt werden können sämtlich Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können (§ 94 StPO), z.B. Bargeld. Dies können Sachen beweglicher Art, aber auch Daten, Datenträger, Computerausdrucke etc. sein. Bei Urkunden kann unter Umständen die Anfertigung einer beglaubigten Kopie ausreichend sein, wenn es auf das Original nicht zwingend ankommt. Dem Beschuldigten kann gestattet werden, Kopien von Urkunden oder Datenträgern (auf seine Kosten) zu fertigen. Die bloße Möglichkeit bzw. eine potentielle Beweisbedeutung reichen aus.