Rz. 40
Ebenso wie die Staatsanwaltschaft kann die Finanzbehörde nach § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO beim AG beantragen, Maßnahmen im Ermittlungsverfahren durchzuführen, die in die Zuständigkeit des Richters fallen (s. § 385 Rz. 112 ff.). Beantragt werden können insb. Zwangsmaßnahmen wie z.B. Durchsuchungen und Beschlagnahmen, unter Umständen Vermögensarrest, richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen zum Zwecke der Beweissicherung.
Rz. 41
Das Antragsrecht gem. § 162 StPO (z.B. auf Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses) steht nur dem Leiter der Strafsachenstelle bzw. einem anderen entsprechend zeichnungsbefugten Beamten der StraBu zu, jedoch nicht originär dem Leiter der Steuerfahndungsstelle, der indes den Leiter der StraBu vertreten kann (s. § 404 Rz. 96 m.w.N. zur Rspr.).
Rz. 42
Nicht geregelt sind die Anforderungen an die Qualifikation der antragsberechtigten Person. Da das Amt eines Staatsanwalts grds. durch Personen ausgeübt wird, die entweder die Befähigung zum Richteramt (vgl. § 142 Abs. 1 GVG i.V.m. § 122 Abs. 1 DRiG) oder zumindest eine der Rechtspflegerausbildung (vgl. § 2 RPflG) vergleichbare Ausbildung als Amtsanwälte besitzen, dürfte Entsprechendes auch für Amtsträger der Finanzbehörde zu fordern sein, soweit sie staatsanwaltliche Befugnisse i.S.d. § 399 Abs. 1 AO wahrnehmen. In diesem Sinne hat das BVerfG anlässlich einer Vorlage zur Verfassungsgemäßheit der § 386 Abs. 2, § 399 Abs. 1, § 400 Halbs. 2 AO zwar nicht in der Sache entschieden, gleichwohl aber angedeutet, dass verfassungsrechtliche Bedenken durch eine analoge Anwendung von § 142 Abs. 1 Nr. 3 GVG i.V.m. § 122 Abs. 1 DRiG beseitigt werden könnten. Soweit daher auch bei Beamten, die staatsanwaltschaftliche Befugnisse ausüben, die Befähigung zum Richteramt bzw. (wie Amtsanwälte) eine der Rechtspflegerausbildung vergleichbare Qualifikation zu fordern ist, wird dies bei Sachgebietsleitern der StraBu als Beamten des höheren Dienstes gewährleistet sein, nicht jedoch uneingeschränkt bei den Beamten des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung und bei den Behörden der Zollverwaltung. Entscheidend dürfte indes unabhängig von der Frage des Unterzeichners sein, ob die entsprechenden Anträge in inhaltlicher Hinsicht den Begründungsanforderungen genügen (Rz. 81; § 385 Rz. 276 ff.), die auch für entsprechende Anträge auf Durchsuchung und Beschlagnahme gelten.
Rz. 43
Da sich die selbständige Ermittlungskompetenz der Finanzbehörde auf die in § 386 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AO genannten Fälle, insb. auf die ausschließliche Verfolgung von Steuerstraftaten beschränkt, entfällt das Recht der Finanzbehörde, unmittelbar nach § 162 StPO Anträge beim Ermittlungsrichter zu stellen, wenn die Steuerstraftat tatmehrheitlich oder auch tateinheitlich mit allgemeinen Straftaten begangen wurde. Der Finanzbehörde kann – wie den Beamten des allgemeinen Polizeidienstes – allenfalls ausnahmsweise die Befugnis zustehen, bei Gefahr im Verzug selbst Anordnungen zu treffen (s. § 385 Rz. 286).
Rz. 44
Der Umfang der durchzuführenden Ermittlungen bestimmt sich nach § 160 Abs. 2 und 3 StPO.
Vgl. zum Verhältnis von Staatsanwaltschaft und Polizei die Erläuterungen zu § 385 Rz. 65 ff., zum Verhältnis der StraBu/Staatsanwaltschaft zur Steuerfahndung, die im Steuerstrafverfahren weitgehend die Stellung der Polizei einnimmt, die Erläuterungen zu § 385 Rz. 66 und § 404 Rz. 95 ff.