Leitsatz (amtlich)
§ 1a AEntG ist verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
Hinweis der Geschäftsstelle
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
Arbeitnehmerentsendegesetz § 1a; GG Art. 12, 3 Abs. 1, Art. 14
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.08.2000 – 52 Ca 4049/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Verpflichtung der Beklagten zu 2) (im folgenden: Beklagte), an den Kläger Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01. Oktober bis zum 10. November 1999 in unstreitiger Höhe von 4.591,75 DM netto zu zahlen, wobei sich die Beklagte zur Vermeidung ihrer Leistungspflicht ausschließlich auf die Verfassungswidrigkeit der schuldüberleitenden Norm des § 1a Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) beruft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war im streitbefangenen Zeitraum als Arbeitnehmer der ursprünglich Beklagten zu 1), der A. Bau- und Dienstleistungs GmbH, auf der Baustelle der Beklagten „P. L. Tor/2.BA” tätig. Die Beklagte hatte die Firma F. und F. GmbH als Subunternehmerin mit der Durchführung des Bauvorhabens beauftragt, die ihrerseits den Auftrag an die ursprüngliche Beklagte zu 1) als Nachunternehmerin weitergab. Der ursprünglichen Beklagten zu 1) gegenüber konnte der Kläger seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt in Höhe von 4.591,75 DM netto nicht realisieren.
Mit Schlußurteil vom 10. August 2000 hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des Betrages von 4.591,75 DM netto an den Kläger verurteilt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Der Anspruch des Klägers folge aus § 1a AEntG. Eine Aussetzung des Rechtsstreits und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht komme deswegen nicht in Betracht, weil an der Verfassungsmäßigkeit der Norm durchgreifende Bedenken nicht bestünden. § 1a AEntG verstoße nicht gegen Art. 12 GG. Zwar enthält § 1a AEntG einen Eingriff in Art. 12 GG in Form einer Berufsausübungsregelung. Dieser Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Norm verfolge ein legitimes arbeits- und sozialpolitisches Ziel. Das gewählte Mittel der Durchgriffshaftung sei auch zur Erreichung des gesetzgeberischen Zieles geeignet und erforderlich, die Regelung beachte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Norm verstoße weiterhin auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Bei verfassungskonformer Auslegung sei anzunehmen, daß § 1a AEntG nur die Bauunternehmen im Sinne von § 211 Abs. 1 S. 1 SGB III erfasse, die ihrerseits Aufträge an Subunternehmer weitergeben würden, nicht aber die Bauunternehmen selbst. Letztlich könne auch ein Verstoß gegen Art. 14 GG nicht angenommen werden. Dies scheide schon tatbestandlich aus. Denn die Minderung von Gewinnchancen eines Unternehmens und die Beeinträchtigung der Vermögenslage eines Unternehmens fielen nicht unter die Eigentumsgarantie. Der Schutzbereich des Art. 14 GG werde auch von einem bloßen Haftungsrisiko, das zu einer Geldleistungspflicht führen könne, nicht berührt.
Wegen der Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung im einzelnen wird auf diese (Bl. 107 – 124 d. A.) verwiesen.
Gegen das ihr am 07. September 2000 zugestellte Schlußurteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 27. September 2000 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsgeründungsfrist bis zum 27. November 2000 – mit einem beim Landesarbeitsgericht am 27. November 2000 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte tritt der angefochtenen Entscheidung mit Rechtsausführungen entgegen. Sie vertritt weiter die Auffassung, der Anspruch des Klägers sei dem Grunde nach nicht gegeben, weil § 1a AEntG verfassungswidrig sei. Deswegen sei das vorliegende Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Die Norm stelle einen Eingriff in die Berufsfreiheit in Form einer Berufsausübungsregelung gemäß Art. 12 GG dar. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt. Der Eingriff sei zur Erreichung des verfolgten Zwecks nicht geeignet, er sei auch nicht erforderlich und letztlich auch nicht zumutbar. Die Norm verstoße auch gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Dem könne nicht mit einer verfassungskonformen Auslegung begegnet werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers erfasse die Regelung nicht nur gewerbliche Generalbauunternehmer, sondern jeden, der Bauleistungen in Auftrag gebe bis auf den privaten Bauherren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei und begegnet der Begründung der Berufung ebenfalls mit Rechtsausführungen.
Wegen des Vorbringens der Pa...