Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalgespräche, Anspruch des Arbeitnehmers auf Zulassung seines Anwalts
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitnehmer kann in der Regel nicht verlangen, dass zu anstehenden Personalgesprächen die Anwesenheit seines Anwalts zugelassen wird.
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 2; ZPO § 940
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 08.03.2001; Aktenzeichen 2 Ga 10/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 08.03.2001 – 2 Ga 10/01 – wird kostenfällig zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Verfügungskläger – im folgenden: Kläger – möchte im vorliegenden Verfahren der einstweiligen Verfügung erreichen, dass bei künftig geführten Personalgesprächen mit der Verfügungsbeklagten – im folgenden: Beklagte – die Hinzuziehung seines Rechtsanwalts zugelassen wird.
Das beklagte in M…… ansässige Pharmaunternehmen, bei dem ein Betriebsrat gewählt ist, beschäftigt den Kläger, geboren 1948, seit 1975 als Außendienstmitarbeiter. Dieser hat Apotheken im mittleren Ruhrgebiet und im Münsterland zu besuchen. Sein Monatsverdienst wird mit 6.000,– DM brutto angegeben. Der Kläger ist seit Januar 1999 anerkannter Schwerbehinderter mit 50 % Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Die Beklagte rügte im Oktober/November 2000 die Arbeitsweise und die Arbeitsergebnisse des Klägers und kündigte mit Schreiben vom 29.11.2000 ein Personalgespräch an, welches nach der Wiedergenesung – der Kläger war von November 2000 bis einschließlich April 2001 arbeitsunfähig – geführt werden sollte. Der Kläger wollte dieses nicht ohne Anwaltsbeistand führen. Dies wurde jedoch von der Beklagten abgelehnt.
Der Kläger hat am 22.12.2000 bei dem Amtsgericht Gelsenkirchen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt, welcher die Zulassung eines Rechtsanwalts bei künftigen Personalgesprächen zum Gegenstand hatte. Das Verfahren ist an das Arbeitsgericht Münster verwiesen worden. Hier hat der Kläger geltend gemacht, dass die Beklagte offenbar Vorkehrungen treffe, das Arbeitsverhältnis mit ihm zu beenden. In dieser Situation sei er auf anwaltlichen Beistand bei Personalgesprächen angewiesen, zumal die Gefahr bestehe, dass ihm unzulässige Fragen über seinen Gesundheitszustand gestellt würden.
Der Kläger hat beantragt,
der Verfügungsbeklagten bei Meidung einer Geld- oder Haftstrafe gegen ihre Geschäftsführer zu untersagen, dem Verfügungskläger aufzugeben, mit ihren Mitarbeitern ein „Personalgespräch” zu führen, ohne den Bevollmächtigten des Verfügungsklägers hierzu zuzulassen.
Die Beklagte hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie hat die Antragsfassung als missverständlich und zu weit gerügt und im Übrigen die Ansicht vertreten, dass sie berechtigt sei, Personalgespräche ohne Anwesenheit eines Rechtsanwalts auf Seiten des Klägers zu führen. Die derzeitige gesundheitliche Situation des Klägers sei kein zureichender Grund, einen rechtskundigen Vertreter bei einem Personalgespräch zu Rate zu ziehen. Dem Kläger sei unbenommen, nach einem solchen Gespräch, bei dem er sich nicht auf definitive Regelungen einlassen müssen, einen Anwalt seines Vertrauens hinzuzuziehen.
Das Arbeitsgericht Münster hat durch sein am 08.03.2001 verkündetes Urteil den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, dass schon gegen die Antragsfassung Bedenken bestünden, weil der Beklagten untersagt werden solle, mit sämtlichen Mitarbeitern ein Personalgespräch ohne den Bevollmächtigten des Verfügungsklägers zu führen. Aber auch bei einer sinngemäß begrenzten Antragsfassung stehe dem Kläger ein Verfügungsanspruch nicht zur Seite. Die Hinzuziehung einer dritten Person bei Personalgesprächen sei lediglich in § 84 Abs. 1 S. 2 BetrVG geregelt. Ansonsten gebe es keine Rechtsgrundlage, die die Hinzuziehung einer dritten Person gegen den Widerstand der Arbeitgeberin auf Seiten des Arbeitnehmers erlaubten.
Wegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hatte in seinem Urteil den Streitwert auf 600,– DM festgesetzt und die Berufung nicht zugelassen. Gleichwohl hat der Kläger gegen das ihm am 16.03.2001 zugestellte Urteil am 28.03.2001 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel zugleich begründet.
Er macht geltend, dass die Streitwertfestsetzung des Arbeitsgerichts eindeutig zu niedrig sei. Bei dem vorliegenden Streitgegenstand sei es angebracht, den Streitwert ähnlich wie bei einer Abmahnung oder dem Streit um die Berechtigung einer Maßnahme des Direktionsrechts anzusetzen. Bei dem Bruttoeinkommen von 6.000,– DM liege der im vorliegenden Fall maßgebliche Streitwert eindeutig über 1.200,– DM.
Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht die Antragsfassung als zu weitgehend gerügt. Dabei sei nicht misszuverstehen gewesen, dass allein die Führung von Personalgesprächen mit dem Kläger gemeint sei und es dabei darum gehe, dass auf seinen Wunsch hin die Anwesenheit...