Entscheidungsstichwort (Thema)
Diskriminierung wegen des Geschlechts bei Einstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Stellenanzeige „Hotelfachfrau (Hotelfachmann, – frau)” genügt dem AGG.
2. Wendet sich der Personal suchende Arbeitgeber an die Bundesagentur für Arbeit und schaltet diese daraufhin eine Internetanzeige „Hotelfachfrau (Hotelfachmann, – frau)”, so ist eine daraus hergeleitete und unzulässig verkürzte Anzeige „Hotelfachfrau” eines privaten Internetportals kein tragfähiges Indiz für einen Diskriminierungswillen des Arbeitgebers i.S.d. § 22 AGG.
3. Etwas anders würde nur dann gelten, wenn der Arbeitgeber die unzulässige Verkürzung der Stellenanzeige nachweislich veranlasst oder wissentlich geduldet hätte.
Normenkette
AGG §§ 15, 11, 22
Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 20.11.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1839/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 20.11.2007 – 3 Ca 1839/07 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Entschädigung in Höhe von 5.000,00 EUR wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung bei einer Stellenbesetzung.
Der Kläger ist IHK-geprüfter Hotelfachmann. Am 28.06.2007 legte er seine Abschlussprüfung ab. Wegen weiterer Einzelheiten seines beruflichen Werdeganges wird auf den zur Akte gereichten Lebenslauf Bezug genommen (Bl. 20 GA)
Die Beklagte mit Sitz in M5 betreibt u.a. das Inselhotel V2 auf N1. Die in N1 örtlich zuständige Hoteldirektorin der Beklagten, Frau J2, suchte über die Bundesagentur für Arbeit jeweils eine Kraft für den Empfang und den Service. Ob die Veröffentlichung einer Stellenanzeige im Internet durch die Bundesagentur von der Beklagten beabsichtigt oder für sie absehbar war, ist streitig. Jedenfalls veröffentlichte die Bundesagentur für Arbeit eine Stellenanzeige im Internet. Auszugsweise heißt es dort:
„Details zum Stellenangebot – Hotelfachfrau (Hotelfachmann/-frau)
…
WIR BIETEN
Tätigkeit
Arbeitsplatz: Hotelfachfrau (Hotelfachmann/-frau), Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Stellenbeschreibung
Fachkraft im Hotelempfang, alle anfallenden Tätigkeiten…
…
Rahmenkonditionen
ab sofort – befristet bis zum 31.10.2007; eine spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist nicht möglich; Arbeitszeiten: Vollzeit …
…
Berufs-/Ausbildungsbezeichnung
Hotelfachmann/-frau
….”
Diese Anzeige wurde mit letzter Änderung 18.07.2007 bei der Bundesagentur in das Internet eingestellt. Auf die Kopie (Bl. 15 GA) wird ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger fand durch den Internetdienst meinestadt.de eine Anzeige, die auf die Urheberschaft der Bundesagentur für Arbeit für die Stellenanzeige hinweist „© Bundesagentur für Arbeit, 2007”). Auszugsweise heißt es dort:
„Hotelfachfrau
N1, Vollzeit
Stellenprofil: Fachkraft im Hotelempfang, alle anfallenden Tätigkeiten, berufsübliche Tätigkeiten***Unterkunft vorhanden***Berufserfahrung erwünscht
Job-Typ: Arbeitsplatz
….”
Wegen der weiteren inhaltlichen Einzelheiten und des äußeren Erscheinungsbildes der Stellenanzeige wird auf die vorgelegte Kopie verwiesen (Bl.4 GA). Der Kläger bewarb sich auf die Stelle. Unter dem 23.07.2007 wurde dem Kläger mitgeteilt (Kopie Bl. 21 GA):
„Sehr geehrter Herr D1 P1,
wir beziehen uns auf Ihre Bewerbung und möchten uns für Ihr Interesse an unserem Haus bedanken.
Leider haben wir uns für einen Mitbewerber entschieden, und senden Ihnen anbei Ihre Bewerbungsunterlagen, zu unserer Entlastung, zurück.
Für Ihren weiteren Lebensweg wünschen wir Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Inselhotel V1 J1
A8 J2
Direktorin”
Die ausgeschriebene Stelle wurde mit einer Bewerberin besetzt. Ob die Beklagte sich zunächst für einen männlichen Mitbewerber entschieden hatte, ist streitig. Die Klage auf Entschädigung ist am 28.08.2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 31.08.2007 zugestellt worden.
Ergänzend wird Bezug genommen auf die in Kopie vorgelegten Regelwerke und Unterlagen:
- • „Datenschutz – arbeitsagentur.de” (Bl. 89 GA),
- • „Hinweise zur Nutzung des Portals „arbeitsgentur.de” der Bundesagentur für Arbeit (Nutzungsbedingungen)” (Bl. 90 – 93 GA, 28, 29 GA)
- • Ausdruck aus „Allgemeine Stellenbörsen – www.arbeitsagentur.de” mit der Auflistung von 22 privaten Stellenbörsen von „Jobsafari” über „meinestadt.de” bis „minijobs” (Bl. 94 GA).
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei durch die Ablehnung wegen seines Geschlechts diskriminiert worden. Die Beklagte müsse sich die falsche Ausschreibung durch die Bundesagentur / meinestadt.de zurechnen lassen. Die Arbeitsplatzbeschreibung sei bei der Bundesagentur und bei meinestadt.de eindeutig mit „Hotelfachfrau” angegeben. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, sie habe nichts mit der Veröffentlichung im Internetportal meinestadt.de zu tun. Eine eigenmächtige Verwendung von Daten durch die A7.com AG, die für meinestadt.de verantwortliche Gesellschaft, würde gegen urheberrechtliche und datenrechtliche Bestimmungen verstoßen. ...