AGG-Entschädigung nach Bewerbung über Ebay-Kleinanzeigen

Wer sich über Ebay-Kleinanzeigen auf eine Stelle bewirbt, ist Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Das hat das LAG Schleswig-Holstein klargestellt und einem Mann, der wegen seines Geschlechts als Sekretär abgelehnt wurde, eine Entschädigung zugesprochen.

Unternehmen suchen heute über eine Vielzahl von Kanälen nach den passenden Bewerbern für eine Stelle. Ob über WhatsApp, Xing, Facebook oder gar Ebay-Kleinanzeigen: Wenn Arbeitgeber dort ihr Jobangebot präsentieren, sollte ihnen klar sein, dass damit das Einstellungsverfahren beginnt. Bereits bei einem schnellen Online-Chat ist folglich darauf zu achten,  Bewerberinnen und Bewerber nicht zu diskriminieren. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz findet auch bei einer Kurzbewerbung über ein Internetportal Anwendung, hat das LAG Schleswig-Holstein in einer aktuellen Entscheidung festgestellt.

Bewerbung über Ebay-Kleinanzeigen auf Stellenanzeige als Sekretärin

Per Stellenanzeige auf Ebay-Kleinanzeigen suchte ein im Kreis Steinfurt ansässiges Unternehmen eine Sekretärin. Auf die Anzeige, in der es wörtlich hieß: "Sekretärin gesucht!" mit der Beschreibung: "Wir suchen eine Sekretärin ab sofort, Vollzeit/Teilzeit: Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …" antwortete ein männlicher Bewerber aus Nordrhein-Westfalen über die Chat-Funktion. In wenigen Sätzen schilderte er seine Motivation und wies unter anderem auf seine Berufserfahrung im Büro hin.

Abgelehnter Bewerber klagt wegen Geschlechterdiskriminierung

Der Arbeitgeber lehnte die Bewerbung über die Ebay-Chatfunktion mit herzlichem Dank ab. Als Begründung gab er an, "man suche eine Dame für die Stelle". Der abgelehnte männliche Bewerber sah sich dadurch in seinem Geschlecht diskriminiert. Er machte daher einer Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern gegenüber dem Unternehmen geltend.  Aus Sicht des Arbeitgebers zielte die Bewerbung nur auf eine Entschädigung ab und war daher rechtsmissbräuchlich.

LAG: Anspruch auf AGG-Entschädigung wegen Diskriminierung

Vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte der Mann aus Nordrhein-Westfalen mit seiner Klage Erfolg. Das Gericht hielt - anders als die Vorinstanz - das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch bei einer formlosen Bewerbung über die Chatfunktion bei Ebay-Kleinanzeigen für anwendbar. Das Gericht stellte fest, dass der Mann den nach § 15 Abs. 2 AGG erforderlichen Bewerberstatus erfüllt. Damit durfte er eine Entschädigung nach dem AGG geltend machen.

AGG findet auch bei Bewerbung per Chat Anwendung

Als Begründung führt das Gericht aus, dass Arbeitgeber, die eine Stellenanzeige über Ebay-Kleinanzeigen veröffentlichen, damit rechnen müssten, dass sich die Bewerber über die Ebay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Um als Bewerber im Sinne des Gesetzes zu gelten, werde kein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers gefordert. Komplette Unterlagen seien folglich nicht nötig, es reiche vielmehr aus, dass die Person des Bewerbenden identifizierbar sei.

Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern angemessen

Das Gericht erkannte eine Diskriminierung wegen Geschlechts und sprach dem abgelehnten Bewerber eine Entschädigung nach dem AGG zu. Entsprechend der laufenden Stellenangebote im Hamburger Umland, nach der für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.700 Euro zu zahlen sei, hielt das Gericht drei Monatsgehälter á 2.600 Euro, also insgesamt 7.800 Euro für angemessen.

Keine rechtsmissbräuchliche Bewerbung

Besondere Umstände, die ausnahmsweise auf eine rechtsmissbräuchliche Bewerbung hinweisen könnten, konnte das Gericht nicht erkennen. Die Richter wiesen darauf hin, dass an diese hohen Anforderungen gestellt würden. Dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen, entsprechende Umstände nachzuweisen.

Die Revision ist nicht zugelassen worden. 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.


Hinweis: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 21. Juni 2022, Az: 2 Sa 21/22, Vorinstanz: Arbeitsgericht Elmshorn, Urteil vom 16. Dezember 2021, Az: 4 Ca 592 a/21


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