Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzrechtliche Behandlung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs. Forderungen aus Arbeitsverhältnis als Masseverbindlichkeit. Unterbrechung des Verfahren nach § 240 ZPO wegen Insolvenzeröffnung. Keine Teilaufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits wegen Kündigungsschutzantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Verfahren ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 240 S. 1 ZPO unterbrochen.
2. Der Erfüllungsanspruch in Form des Abschlusses des Arbeitsvertrags kann im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr verlangt werden.
3. Keine Teilaufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits wegen Kündigungsschutzantrags, da noch kein Arbeitsverhältnis vorliegt.
Normenkette
ZPO §§ 240, 280 Abs. 2, § 303; InsO § 86 Abs. 1 Nr. 3, § 108 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Entscheidung vom 15.01.2020; Aktenzeichen 3 Ca 612/19) |
Tenor
Das Verfahren ist weiterhin nach § 240 ZPO unterbrochen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Wiedereinstellungsanspruch und dessen insolvenzrechtliche Behandlung sowie die Wirksamkeit einer vorsorglich ausgesprochenen Kündigung.
Der 1965 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 01. Januar 1986 bei der N GmbH als Versandleiter beschäftigt. Er erzielte in einer 40-Stunden-Woche ein Bruttomonatsgehalt von 3.068,00 €.
Die N GmbH kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18. Dezember 2018 aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Juli 2019. Begründet wurde die Kündigung mit einer beabsichtigten Stilllegung des Betriebes.
Die Kündigung ist wirksam geworden, da der Kläger keine Kündigungsschutzklage erhoben hat.
Mit seiner am 26. Juli 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger gegenüber der U GmbH einen Wiedereinstellungsanspruch geltend gemacht. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Betrieb werde entgegen den ursprünglichen Planungen nicht stillgelegt. Die U GmbH übernehme ab dem 01. August 2019 die Produktion der Matratzen und Betten. Mit den vorhandenen Maschinen und Produktionsstraßen würden dieselben Modelle produziert wie bei der N GmbH. Beliefert würde die bisherige Kundschaft der N GmbH. Alle Aufträge, die dieser erteilt worden waren, würden ab dem 01. August 2019 von der U GmbH ausgeführt. Diese habe auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernommen.
Mit Schreiben vom 26. August 2019 kündigte die U GmbH vorsorglich ein etwa bestehendes Arbeitsverhältnis zum 31. März 2020.
Der Kläger hat beantragt,
- die U GmbH zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines ab 01.08.2019 gültigen Arbeitsvertrages zu den Bedingungen, wie sie zwischen ihm und der N GmbH bis zum 31.07.2019 bestanden haben, unter Anrechnung einer Beschäftigungsdauer seit dem 01.01.1986 anzunehmen;
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26.08.2019 nicht aufgelöst wird.
Die U GmbH hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden.
Mit Urteil vom 15. Januar 2020 hat das Arbeitsgericht die U GmbH antragsgemäß verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines ab dem 01. August 2019 gültigen Arbeitsvertrages anzunehmen. Des Weiteren hat es festgestellt, dass ein etwaig begründetes Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. August 2019 nicht aufgelöst wird.
Gegen das ihr am 16. Januar 2020 zugestellte Urteil hat die U GmbH am 03. Februar 2020 Berufung eingelegt.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 02. März 2020 (Az.:10 IN 13/20) wurde über das Vermögen der U GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2020 hat der Kläger das Verfahren gegenüber dem Beklagten aufgenommen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits sei unwirksam. Der vom Kläger geltend gemachte Wiedereinstellungsanspruch in Form eines Anspruchs auf Abgabe einer vertragsbegründenden Willenserklärung stelle eine Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO dar. Der nach dem Vortrag des Klägers schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages könne nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht mehr durchgesetzt werden. Nach § 87 InsO könnten Insolvenzgläubiger ihre Forderung nur nach den Vorschriften des Insolvenzverfahrens verfolgen, sie also zur Insolvenztabelle anmelden. Soweit eine Forderung nicht auf Geld gerichtet sei, sei sie nach § 45 S. 1 InsO mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden könne. Da der Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages aufgrund der Insolvenzeröffnung nicht mehr durchsetzbar sei, könnten sich aus einem (nicht mehr zu begründenden) Arbeitsverhältnis auch keine Ansprüche ergeben, die als Masseverbindlichkeit gelten könnten. Auch eine Teilaufnahme des unterbrochenen Verfahrens hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages scheide aus, da die Gefahr einander ...