Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitsprüfung
Leitsatz (amtlich)
Klage auf Gehaltszahlung während der verlängerten Kündigungsfristen des § 622 BGB, Klage auf Urlaubsabgeltung
Normenkette
ArbGG § 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 24.10.2000; Aktenzeichen 12 Ca 3548/00) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 24.10.2000 abgeändert:
Die Gerichte für Arbeitssachen sind für diesen Rechtsstreit zuständig.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist begründet.
I. Seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.06.1996 (5 AZB 95/95), in der sich das Bundesarbeitsgericht einer schon zuvor von der jetzt entscheidenden Kammer im Beschluß vom 23.03.1995 (4 Ta 19/95 – LAGE § 2 ArbGG 1979 Nr. 17) vertretenen Ansicht angeschlossen hat, reicht die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, zur Bejahung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit aus, wenn die vor dem Arbeitsgericht erhobene Klage nur dann Erfolg haben kann, wenn der Kläger Arbeitnehmer ist (sog. sic-non-Fall AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 1).
Die vorliegende Klage hat vier Streitgegenstände:
1. Die Klägerin begehrt für die Monate Mai, Juni und Juli 1999 jeweils 1.500,– DM, insgesamt also 4.500,– DM. Dieses stützt sie darauf, dass die am 25.05.1999 ausgesprochene fristlose Kündigung als solche unwirksam sei und wegen der Dauer des von der Klägerin gesehenen Arbeitsverhältnisses von mehr als fünf Jahren dieses erst zum 31.07.1999 beendet worden sei, so dass bis dahin das Entgelt fortzuzahlen sei.
Gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 2 BGB beträgt die Kündigungsfrist nach einem fünfjährigen Bestand zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis war. Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, wäre die Kündigung, da die Vergütung nach Monaten bemessen war, spätestens am 15. des Monats für den Schluss des Kalendermonats zulässig (621 Nr. 3 BGB). Die Klägerin kann mit dem wesentlichen Teil des Streites daher nur dann Erfolg haben, wenn das Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis war. Dieses ist ein sogenannter sic-non-Fall, so dass die bloße Rechtsansicht der Klägerin für die Begründung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit ausreicht.
2. Die Klägerin begehrt ferner Urlaubsabgeltung für 14 Tage. Als Anspruchsgrundlage kommt lediglich § 7 Abs. 4 BUrlG in Betracht. Dieser setzt voraus, dass die Klägerin im Sinne des § 2 BUrlG Arbeitnehmerin war. Gemäß § 2 Satz 2 BUrlG gelten auch Personen als Arbeitnehmer, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Wäre die Klägerin nicht Arbeitnehmerin sondern nur arbeitnehmerähnliche Person, so wäre über § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ebenfalls die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts begründet.
Auch bei diesem Streitgegenstand sind mithin die zuständigkeitsbegründenden mit anspruchsbegründenden Voraussetzungen identisch, liegt also ein sic-non-Fall vor.
3. Als dritten Streitgegenstand verlangt die Klägerin eine Entgeltdifferenz von jeweils 50,– DM für die Monate März und April 1999, insgesamt 100,– DM. Als vierten Streitgegenstand begehrt sie die Erstattung von 554,30 DM für von ihr behauptete Auslagen für Frau Deutsch. In diesen Fällen handelt es sich nicht um sic-non-Fälle, da sie nicht ein Arbeitsverhältnis als materielle Anspruchsgrundlage voraussetzen. In beiden Fällen ist aber die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts aus § 2 Abs. 3 ArbGG begründet.
Zwar hat die erkennende Kammer sowohl in dem eingangs zitierten Beschluß als auch in dem vom 5. März 1997 (LAGE § 2 ArbGG 1979 Nr. 22) darauf hingewiesen, dass insbesondere dann, wenn für die Begründung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten die reine Rechtsbehauptung, es liege ein Arbeitsverhältnis vor, ausreicht, einer Erschleichung des Rechtsweges für andere Ansprüche über die Zusammenhangszuständigkeiten nach § 2 Abs. 3 ArbGG mit dem auch im Prozeßrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben zu begegnen ist. Einen solchen Verstoß gegen Treu und Glauben hat die erkennende Kammer in dem Beschluß vom 05.03.1997 bei folgendem Sachverhalt angenommen: Der Kläger hatte gegen die Beklagte einen Leistungsantrag erhoben, der auf Freistellung von Forderungen Dritter gerichtet war und ein Arbeitsverhältnis nicht voraussetzte. Nachdem das Vertragsverhältnis bereits mehr als ein Jahr beendet war und der Kläger im Beschwerdeverfahren darauf hingewiesen worden war, dass im Gegensatz zur damaligen Auffassung des Arbeitsgerichts für den Leistungsantrag kein sogenannter sic-non-Fall vorliege, erhob der Kläger erweiternd den Antrag, festzustellen, dass zwischen den Parteien in der Vergangenheit ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. In diesem Fall hat die Kammer einen Fall der Erschleichung der Zusammenhangszuständigkeit gesehen, die dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt war.
Ganz anders aber liegt der vorliegende Fall:
Der wirtschaftliche Schwerpunkt des Streites liegt bei den beiden zuerst behandelten Streitgegenstä...