Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Berufung. Beschwer. Auflösungsantrag des Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berufung des im Kündigungsschutzverfahren beklagten Arbeitgebers, der in 1. Instanz mit seinem Klageabweisungsantrag nicht, wohl aber mit seinem hilfsweise gestellten Auflösungsantrag durchgedrungen ist, mit dem Ziel, seinen Auflösungsantrag in II. Instanz zurückzunehmen, ist jedenfalls dann unzulässig, wenn die Kündigung in II. Instanz nicht mehr verteidigt und der Hauptantrag (Klageabweisung) infolgedessen nicht mehr gestellt wird.

 

Normenkette

KSchG § 9 Abs. 1 S. 2; ZPO § 511 Abs. 2, § 522 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 06.03.2002; Aktenzeichen 2 Ca 2752/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.03.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 2 Ca 2752/01 – wird auf ihre Kosten verworfen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien – nämlich die beklagte GmbH und der 1966 geborene Kläger, der von ihr seit Februar 2000 als „Operations-Manager” beschäftigt wird – haben erstinstanzlich um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 05.09.2001 zum 31.03.2002 gestritten. Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 05.09.2001 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen;
  2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis durch Gerichtsentscheidung gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie sei mit der Arbeit des Klägers nicht zufrieden. Da er leitender Angestellter sei, sei das Arbeitsverhältnis jedenfalls ohne Anführung von Gründen gem. § 14 KSchG aufzulösen.

Der Kläger hat bestritten, leitender Angestellter zu sein und demzufolge beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben und das Arbeitsverhältnis auf den Hilfsantrag der Beklagten mit der Begründung gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst, der Kläger sei leitender Angestellter.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt und zunächst beantragt,

die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt

  1. die Berufung zurückzuweisen,
  2. festzustellen, daß er kein leitender Angestellter ist,
  3. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die Kündigung zurückgenommen. Des weiteren hat sie ihren Auflösungsantrag zurückgenommen und unstreitig gestellt, daß der Kläger kein leitender Angestellter ist. Nunmehr beantragt sie

das angegriffene Urteil insoweit abzuändern, als es das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst hat.

Der Kläger beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen,
  2. hilfsweise – soweit erforderlich im Wege der Anschlußberufung – das Arbeitsverhältnis aufzulösen.
 

Entscheidungsgründe

Die Berufung war als unzulässig zu verwerfen. Ihr fehlt die erforderliche Beschwer:

Soweit der Feststellungsantrag betroffen ist, lag jedenfalls am Schluß der mündlichen Verhandlung keine Beschwer mehr vor. Diesen Ausspruch des Arbeitsgerichts greift die Berufung nicht mehr an; die Beklagte will ihn rechtskräftig werden lassen und das Scheitern ihres Abweisungsantrags hinnehmen. Danach liegt insoweit keine Differenz mehr vor zwischen Antrag und Urteilsausspruch.

Nunmehr ist die Beklagte aber auch nicht mehr durch die Auflösungsentscheidung des Arbeitsgerichts beschwert. Sie beruht auf ihrem eigenen Antrag – und zwar auf einem Antrag, der durch Rücknahme des Hauptantrags auf Klageabweisung vom Hilfs- zum Hauptantrag geworden war. Eine Beschwer war so lange vorhanden, als der Auflösungsantrag als Hilfsantrag gestellt war. Stellt aber die Beklagte gegenüber dem Kündigungsschutzantrag keinen Abweisungsantrag mehr als Hauptantrag, wird der frühere Hilfsantrag als allein noch streitiger Antrag zum Hauptantrag. Diesem hat das Arbeitsgericht entsprochen. Eine Differenz zwischen (nunmehrigem) Hauptantrag und Urteilsausspruch liegt nicht mehr vor. Nach dem Fallenlassen des Abweisungsantrags ist die Rechtslage nicht anders als hätte die Beklagte ihn bereits in der I. Instanz nicht gestellt, sondern sich allein mit dem Auflösungsantrag verteidigt. War sie hiermit erfolgreich, kann sie nicht Berufung allein mit dem Ziel einlegen, den Auflösungsantrag in II. Instanz zurückzunehmen (vgl. zur Situation des Arbeitnehmers als Kläger: BAG, Urteil vom 23.06.1993 – 2 AZR 56/93 in AP Nr. 23 zu § 9 KSchG 1969).

Ob eine Beschwer vorläge, wenn sich die Beklagte gegen die Höhe der vom Arbeitsgericht festgesetzten Abfindung wehrte, war nicht zu entscheiden.

Auf den im Wege der Anschlußberufung gestellten Auflösungsantrag des Klägers war nicht einzugehen, weil er neben dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung ausdrücklich nur hilfsweise gestellt worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wir...

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