Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsarzt. Arbeitnehmer. freier Mitarbeiter
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Betriebsarzt kann als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter beschäftigt werden. Das folgt aus § 9 Abs. 3 ASIG.
2. Ein Betriebsarzt ist nicht allein deshalb Arbeitnehmer, weil er im Betrieb in Räumen, die der Arbeitgeber zur Verfügung stellt, regelmäßig und im voraus festgelegte Sprechstunden abhält und verpflichtet ist, für den Arbeitgeber bei Bedarf auch arbeitsmedizinische Fragen zu begutachten.
Normenkette
BGB § 11
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 19.11.1998; Aktenzeichen 8 Ca 11603/97) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 19.11.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 8 Ca 11603/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis bestand und ob dieses gegebenenfalls durch die Kündigung der Beklagten vom 06.12.1996 mit dem 31.12.1997 beendet wurde.
Die Beklagte bestellte den Kläger, der Arzt für Arbeitsmedizin ist, mit Wirkung ab 01.02.1997 als Betriebsarzt nach den §§ 2 f ASiG. Zur Regelung der entsprechenden Tätigkeit schlossen die Parteien am 22.01.1997 einen Dienstvertrag „über freie Mitarbeit”. Darin verpflichtete sich der Kläger, für die Beklagte 8 Stunden wöchentlich nach Absprache in ihren Betrieben tätig zu sein. Das Pauschalhonorar von 3.920,– DM/je Monat sollte auch während des Urlaubs von 6 Wochen und während der Zeit der Weiterbildung von 4 Wochen weitergezahlt werden. Diesen Vertrag änderten die Parteien einvernehmlich am 09.12.1998 dahin, dass der Kläger ab 01.01.1999 zwölf Stunden wöchentlich (8 Stunden jeden Dienstag und weitere 8 Stunden jeden zweiten Freitag) als Betriebsarzt tätig werden sollte. Zuletzt war der Vertrag in der Fassung vom 20.01.1994 maßgeblich. Darin hatte sich der Kläger verpflichtet, seine Tätigkeit als Betriebsarzt jährlich an 53 Arbeitstagen zu versehen, und zwar an 42 Dienstagen und 11 Freitagen jeweils 8 Stunden. Die Einsatztage wurden dabei unter Berücksichtigung der sonstigen Verpflichtungen des Klägers, der auch für andere Unternehmen als Betriebsarzt arbeitete, zwischen den Parteien einvernehmlich festgeslegt. Das Stundenhonorar betrug zuletzt 176,– DM. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf Blatt 10 ff der Akten verwiesen.
Am 06.12.1996 unterrichtete die Beklagte den Personalausschuss des Betriebsrats über ihre Absicht, das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.1997 aufzulösen. Mit Schreiben vom selben Tage kündigte sie den Vertrag unter Einhaltung der vereinbarten Frist zum 31.12.1997 mit der Begründung, im Zuge der weiteren Entwicklung der Gothaer Versicherungen sei beabsichtigt, im Laufe des Jahres 1997 im Konzern die arbeitsmedizinische Betreuung der Mitarbeiter zu überdenken; zur Erhaltung notwendiger Gestaltungsmöglichkeiten werde der Vertrag über die freie Mitarbeit demgemäß fristgerecht gekündigt. Abschließend kündigte die Beklagte an, dem Kläger im Laufe des Jahres 1997 das
Ergebnis ihrer Überlegungen zur weiteren Gestaltung der medizinischen Betreuung mitzuteilen. Dieses geschah erst mit Schreiben vom 19.12.1997, in dem sie dem Kläger eine befristete weitere freie Mitarbeit für die Zeit vom 02.01.1998 bis zum 30.06.1998 zu einem Honorar von 140,– DM je Beratungsstunde anbot. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 14 ff der Akten Bezug genommen. Dieses Angebot lehnte der Kläger ab. Mit seiner am 23.12.1997 bei Gericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am 28.01.1998 zugestellt wurde, hat er sich auf den Standpunkt gestellt, er sei schon seit dem Beginn seiner betriebsärztlichen Tätigkeit Arbeitnehmer der Beklagten gewesen. Demzufolge sei die Kündigung vom 06.12.1996 nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz unwirksam, weil dei Beklagte den Betriebsrat vor Ausspruch dieser Kündigung nicht angehört habe.
Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, er habe seine Tätigkeit zu den vereinbarten Zeiten in Räumen der Beklagten ausgeübt und habe Arbeitszeit und Arbeitsort folglich nicht selbst bestimmen können. Auch habe er an Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses in den Niederlassungen teilnehmen und in der Hauptverwaltung in den Diensträumen der Beklagten für Untersuchungen von Mitarbeitern zur Verfügung stehen müssen, wobei eine Sekretärin, die Angestellte der Beklagten gewesen sei, die Termine vereinbart habe. Für seine Arbeitnehmereigenschaft spreche ferner, dass die Beklagte seinen Namen in das Telefonverzeichnis aufgenommen und dass sie das Honorar für die Dauer von Urlaub und Weiterbildung fortgezahlt habe.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.02.1987 ein Arbeitsverhältnis besteht,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 06.12.1996 nicht zum 31.12.1997 aufgelöst wurde, sondern unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Kläger sei freier Mitarbeiter gewesen. Er sei nicht weisungsgeb...