Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Vergleichs betreffend die Erteilung eines Zwischen- und eines Endzeugnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben die Parteien einen Kündigungsschutzprozess durch Vergleich beendet und dabei vereinbart, dass der Arbeitgeber ein Zwischen- und ein Endzeugnis zu erstellen habe und sich dabei eines vom Arbeitnehmer zu erstellenden Entwurfs bediene, von dem er nur aus wichtigem Grund abweichen dürfe, so liegt ein wichtiger Grund in diesem Sinne dann vor, wenn die vom Arbeitnehmer vorgegebene Formulierung inhaltlich unzutreffend ist.

 

Normenkette

GewO § 109; BGB § 779

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 07.04.2014; Aktenzeichen 15 Ca 443/14)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.04.2014 - 15 Ca 443/14 - abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Formulierung eines Schlusszeugnisses.

Der Kläger war bei der Beklagten als Vertriebsleiter beschäftigt. Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht Köln einen Rechtsstreit unter dem Aktenzeichen 13 Ca 3049/13 geführt. Dieser endete durch einen gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch das Gericht festgestellten Vergleich, in dem es unter anderem wie folgt heißt:

"1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung vom 26.03.2013 zum 31.10.2013.

...

6. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger zeitnah ein wohlwollendes und qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen. Sie wird sich dabei eines vom Kläger zu erstellenden Entwurfs bedienen, von dem sie nur aus wichtigem Grund abweichen kann.

7. Nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wird die Klägerin in gleicher Weise ein Endzeugnis auf Basis des Zwischenzeugnisses erteilen, ergänzt um eine Schlussformel, mit der Dank, Bedauern und positive Zukunftswünsche zum Ausdruck gebracht werden.

..."

Die Beklagte erteilte dem Kläger zunächst vereinbarungsgemäß ein Zwischenzeugnis. Unter dem 31.10.2013 erteilte sie ihm ferner, wiederum entsprechend einem vom Kläger vorgelegten Formulierungsentwurf, ein Schlusszeugnis. Bei der Formulierung wich sie in einem Satz vom Formulierungsvorschlag des Klägers ab: Anstelle des vom Kläger vorgeschlagenen Satzes "Herr B scheidet auf eigenen Wunsch zum 31.10.2013 aus unserem Unternehmen aus" erteilte sie dem Kläger ein Schlusszeugnis mit der Formulierung "Das Arbeitsverhältnis wurde im beiderseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 31.10.2013 beendet".

Mit seiner am 20.01.2014 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage macht der Kläger die Berichtigung des ihm erteilten Zeugnisses um den von ihm gewünschten Satz "Herr B scheidet auf eigenen Wunsch zum 31.10.2013 aus unserem Unternehmen aus" geltend.

Wegen des weiteren erstinstanzlich streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 07.04.2014 Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht die Beklagte Zug um Zug gegen Herausgabe des erteilten Zeugnisses vom 31.10.2013 verurteilt, dem Kläger das von ihm begehrte Zeugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die vom Kläger begehrte Formulierung, dass das Arbeitsverhältnis auf seinen Wunsch beendet worden sei, sei nicht objektiv falsch, da nichts so sehr einer objektiven Betrachtung entzogen sei, wie die Wünsche der Menschen. Die Beklagte habe daher von dem klägerischen Formulierungsentwurf nicht abweichen dürfen.

Gegen dieses ihr am 09.05.2014 zu gestellte Urteil hat die Beklagte am 26.05.2014 Berufung eingelegt und hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 08.08.2014 begründet.

Die Beklagte meint zunächst, die Bindung der Beklagten an den Formulierungsvorschlag des Klägers betreffe nach der vergleichsweisen Regelung in dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.06.2013 lediglich das nicht streitgegenständliche Zwischenzeugnis. Davon unabhängig stehe der Beklagten aber auch ein wichtiger Grund zur Abänderung des Formulierungsvorschlags des Klägers zur Seite, denn die vom Kläger gewünschte Formulierung genüge nicht dem Grundsatz der Zeugniswahrheit. Diese Formulierung sei vielmehr inhaltlich unrichtig und objektiv falsch, da die Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Beklagten und nicht vom Kläger ausgegangen sei. Abzustellen sei für diese Beurteilung nicht auf die subjektive Sichtweise des Klägers, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont des verständigen Zeugnislesers.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.04.2014- 15 Ca 443/14 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei und hält die Rechtsauffassungen der Beklagten für irrig. Er meint, die Beklagte wolle nicht anerkennen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einem Vergleich und dam...

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