Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellung. Altersteilzeit. vorgezogene Altersrente
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, das „aktive” Arbeitsverhältnis optional drei Jahre vor Vollendung des 63. Lebensjahres zu beenden (sog. 60er-Regelung), handelt es sich nicht um eine Vereinbarung im Sinne des § 41 S. 2 SGB VI. Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift und damit eine Anpassung der Regelung bezogen auf das 65. Lebensjahr scheidet aus.
Normenkette
SGB VI § 41 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 05.06.2001; Aktenzeichen 12 Ca 10427/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 05.06.2001 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 12 Ca 10427/00 – abgeändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Freistellung von der Arbeitspflicht aufgrund einer Sondervereinbarung zum Anstellungsvertrag (sog. 60er-Regelung).
Der am 07.05.1941 geborene Kläger, der verheiratet ist und drei Söhne hat, ist seit dem 01.01.1985 bei der Beklagten in leitender Funktion beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet gemäß § 8 Ziff. 2 des Anstellungsvertrages (Kopie Bl. 10 ff. d. A.) mit Ablauf des Monats, in dem der Angestellte das 65. Lebensjahr vollendet, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Im November 1989 schlossen die Parteien eine Ergänzungsvereinbarung zum Anstellungsvertrag (Kopie Bl. 14 ff. d. A.), in der es u. a. heißt:
„1. Jede Seite kann verlangen, dass das aktive Arbeitsverhältnis bis zu drei Jahre vor Vollendung des 63. Lebensjahres beendet wird. (Das ist im Regelfall der Zeitpunkt, zu dem der Mitarbeiter Versorgungsansprüche aus der gesetzlichen und aus der betrieblichen Altersversorgung hat.)
Beendigung des aktiven Arbeitsverhältnisses bedeutet, dass der Mitarbeiter zwar von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit wird, dass aber juristisch das Arbeitsverhältnis weiter besteht und ein gekürztes Arbeitsentgelt gezahlt wird. Das Verlangen, das aktive Arbeitsverhältnis zu beenden, muss der anderen Seite mindestens 12 Monate vor dem Zeitpunkt mitgeteilt werden, ab dem die Freistellung von der Pflicht zur Arbeitsleistung erfolgen soll.
Bereits 18 Monate vor dem genannten Zeitpunkt wird mit dem Mitarbeiter darüber ein Gespräch geführt, ob er oder das Unternehmen beabsichtigt, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, dass aktive Arbeitsverhältnis zu einem zu vereinbarenden Zeitpunkt vor der Vollendung des 63. Lebensjahres des Mitarbeiters zu beenden. Dabei werden selbstverständlich die persönlichen Verhältnisse des Mitarbeiters besonders berücksichtigt.
…
5. Mit Vollendung des 63. Lebensjahres wird das Arbeitsverhältnis beendet. Kann der Mitarbeiter mit Vollendung des 63. Lebensjahres noch nicht in den Ruhestand treten, endet das Arbeitsverhältnis entsprechend später…
6. Da diese Vereinbarung sehr stark auf den arbeits- und sozialplanrechtlichen Bestimmungen aufbaut, die zur Zeit gelten (z. B. gesetzliche Lebens-Regelarbeitszeit, Beitragsbemessungsgrenzen), erklären sich beide Teile bereit, das Vereinbarte erforderlichenfalls veränderten rechtlichen Grundlagen anzupassen.”
Mit Schreiben vom 22.02.2000 (Kopie Bl. 26 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass man die vorgesehene Option nach Maßgabe der sog. 60er-Regelung für leitende Angestellte wahrnehmen wolle. Die Beklagte bot dem Kläger nach weiterer Korrespondenz schließlich erfolglos an, das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 63. Lebensjahres mit entsprechender Freistellung gegen Zahlung einer zusätzlichen Abfindung von 40.000,00 DM wegen der hinzunehmenden Rentenabschläge zu beenden.
Der Kläger hat mit seiner am 08.12.2000 erhobenen Klage die Gewährung der Freistellungsphase für die Zeit vom 01.06.2003 bis zum 31.05.2006 begehrt. Er hat die Ansicht vertreten, die Ergänzungsvereinbarung sei nach § 41 SGB VI so zu betrachten, als sei die Vereinbarung auf die Vollendung des 65. Lebensjahres hin geschlossen worden. Jedenfalls folge eine entsprechende Anpassungspflicht aus Ziffer 6 der Ergänzungsvereinbarung.
Der Kläger hat beantragt
die Beklagte zu verurteilen, ihn ab dem 01.06.2003 nach Maßgabe der Ergänzungsvereinbarung zum Anstellungsvertrag vom 21.11.1998 freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Vorschrift des § 41 SGB VI könne nur zur Verschiebung des Beendigungszeitpunktes führen, nicht jedoch zur Verschiebung sonstiger vertraglicher Leistungen. Unter Berücksichtigung betrieblicher Leistungen der Altersversorgung werde die Minderung der Rente von 7,2 % auf 3,0 bis 3,5 % der Gesamtversorgung des Klägers reduziert. Zudem seien Sinn und Zweck der Ergänzungsvereinbarung zu beachten. Die Freistellung und die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätten ihrem Interesse an frühzeitiger Nachwuchs- und Personalplanung gedient. Für sie bestehe keine Veranlassung zur bezahlten Freistellung, wenn das ...