Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfähigkeit. Kündigung, fristlose. Vortäuschung. Fristlose Kündigung wgen Vortäuschung einer Krankheit
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist allgemein anerkannt, dass das Vortäuschen einer Krankheit eine schwere Vertragsverletzung bedeutet, die je nach den Umständen des EInzelfalls eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
2. Stützt der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess die Kündigung auf die Behauptung, der Arbeitnehmer habe eine Krankheit lediglich vorgetäuscht, so trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Ein vom Arbeitnehmer vorgelegtes ärztliches Attest, begründet i.d.R. den Beweis für die Arbeitsunfähigkeit. Bezweifelt der Arbeitgeber diese, dann muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen. Ist die Erschütterung der Beweiskraft des Attests dem Arbeitgeber gelungen, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage des Attests bestand. Es ist wiederum Sache des Arbeitnehmers, angesichts der Umstände, die gegen eine Arbeitsunfähigkeit sprechen, weiter zu substantiieren, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat, welche Medikamente z. B. bewirkt haben, dass er zwar immer noch nicht die geschuldete Arbeit bei seinem Arbeitgeber verrichten konnte, aber ggf. zu anderweitigen Tätigkeiten in der Lage war. Kommt der Arbeitnehmer insoweit seiner Substantiierungspflicht nach, so muss der Arbeitgeber aufgrund der ihm obliegenden Beweislast den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers widerlegen
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen 8 Ca 1158/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15.11.2007 – AZ: 8 Ca 1158/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen sowie einer vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.
Der am 31.03.1974 geborene Kläger war seit dem 01.03.2003 bei den V-Stationierungsstreitkräften, zuletzt bei der Dienststelle Commissary Z als Lager- und Verkaufsangestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) Anwendung.
Mit Kenntnis und Genehmigung der V-Streitkräfte übt der Kläger eine Nebentätigkeit aus bei dem Lebensmittelhersteller Y, für den er im V-Lebensmittelmarkt Commissary W Regale auffüllt.
Wegen eines Umzuges hatte der Kläger am 16.07.2007 einen Tag frei. Am 19.07.2007 bat er diesbezüglich für den 20.07.2007 um einen weiteren Tag Dienstbefreiung. Dies wurde ihm nicht genehmigt und angeboten, stattdessen einen Tag Urlaub zu nehmen. Der Kläger lehnte dieses Angebot ab mit der Bemerkung, er werde dann arbeiten.
Am Vormittag des 20.07.2007 erklärte der Kläger gegenüber seinem Vorgesetzten, er fühle sich krank, meldete sich bei seiner Dienststelle ab und begab sich zum Arzt. Mit ärztlicher Bescheinigung vom 20.07.2007 (Bl. 33 d. A.) wurde er sodann bis einschließlich 25.07.2007 arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Im Zeitraum vom 21.07. bis 23.07. 2007 hatte der Kläger gemäß dem Dienstplan seiner Dienststelle frei. Er arbeitete jedoch am 20.07., 21.07., 24.07. und 25.07 – jeweils nachts – für die Fa. Y. Darüber hinaus erschien er im betreffenden Zeitraum auch mehrmals bei seiner Dienststelle. Diesbezüglich ist zwischen den Parteien streitig, ob der Kläger dabei auch Arbeitsleistungen erbracht hatte.
Am 26.07.2007 erkundigte sich der Kläger bei seiner Dienststelle, ob er die Anwesenheitszeiten während seiner Arbeitsunfähigkeit zusätzlich vergütet bekomme. Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten und durchgeführten Ermittlungen erfuhr die Dienststellenleitung davon, dass der Kläger während der Zeit seiner ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit für die Firma Y gearbeitet hatte.
Mit Schreiben vom 06.08.2007 kündigten die V-Streitkräfte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie mit Schreiben vom 20.08.2007 vorsorglich auch ordentlich zum 30.11.2007. Gegen diese Kündigungen richtet sich die vom Kläger am 06.08.2007 eingereichte und am 27.08.2007 erweiterte Klage.
Der Kläger hat erstinstanzlich ein ärztliches Attest vom 09.10.2007 (Bl. 62 d. A.) zu den Akten gereicht, in welchem ausgeführt wird: ”Der Patient sollte wegen der Erkrankung im Juli 2007 keinen Umgang mit Lebensmitteln (Fleisch) haben. Daher war er von mir vom 20.07.07 bis 25.07.07 krank geschrieben.”
Der Kläger hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, am Vormittag des 20.07.2007 habe er unter starken Magenschmerzen und Übelkeit gelitten. Die ihn behandelnde Ärztin habe einen schweren Magen-Darm-Infekt festgestellt. Wegen der damit...