Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers, wenn Arbeitgeber die durch den Arbeitnehmer erklärte außerordentliche Kündigung verschuldet hat
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer sind nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung die rückständigen Gehälter für - hier - zwei Monate bereits gezahlt hat, allein mit dem laufenden Gehalt sechs Tage in Verzug ist und es zudem an einer vorherigen Abmahnung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer fehlt.
2. Die Kündigung des Arbeitnehmers erhält durch den im Verfahren nachgeschobenen Sachverhaltskomplex - hier - "Urkundenfälschung" einen völlig anderen Charakter. Der nachgeschobene Kündigungsgrund ist deshalb nicht geeignet, nachträglich für die außerordentliche Kündigung einen wichtigen Grund abzugeben.
Orientierungssatz
Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 2 AZR 494/00.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung dieser Berufung im Übrigen wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Halle vom 3. Juni 1999 - 3 Ca 1002/99 - abgeändert und zur Klarstellung neu formuliert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
weitere 4.807,45 DM brutto nebst 4% Zinsen seit dem 14. März 1999 zu
zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers gegen das vorbezeichnete Urteil des
Arbeitsgerichts Halle wird
zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 2/3 und die Beklagten
als Gesamtschuldner zu 1/3.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Verzugslohn, Schadenersatz, Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.
Die Beklagten zu 1) und 2) bilden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung ... Der Kläger war bei ihnen vom 1. März 1997 bis zum 15. Januar 1999 als Chefredakteur zu einem monatlichen Gehalt in Höhe von 4.000,00 DM brutto beschäftigt.
Der zwischen den Parteien am 1. März 1997 abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Vereinbarungen, die vorliegend von Interesse sind:
"§ 3 Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 40 Stunden und regelt sich nach der branchenüblichen Tätigkeit des Mitarbeiters.
(2) ...
(3) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, Mehr- und Überarbeit zu leisten.
Im Hinblick auf die branchenüblichen Besonderheiten der Arbeitszeit
werden Mehr- und Überarbeit, unabhängig von der Tageszeit in der Regel
nicht gesondert vergütet, sondern im Monatsdurchschnitt mit der
festzulegenden Arbeitszeit verrechnet.
§ 5 Urlaub
(1) Der Urlaubsanspruch des Mitarbeiters richtet sich nach dem Bundesurlaubsgesetz. Mit dem Mitarbeiter werden zu Zeit
30 Arbeitstage
jährlich als Urlaub vereinbart.
(2) ...
(3) ...
(4) Liegen nicht außergewöhnliche Gründe für das Nichtantreten des Urlaubs im Kalenderjahr vor und tritt der Mitarbeiter diesen nicht an, so verfällt er am 1.3. des nachfolgenden Jahres, Ausnahmen erfolgen nur mit Bestätigung der Geschäftsleitung auf begründeten Antrag des Mitarbeiters."
Ab Oktober/November 1998 gerieten die Beklagten mit der Zahlung der Gehälter und Löhne ihrer Arbeitnehmer in Verzug. Das am 4. November 1998 fällige Gehalt für den Monat Oktober 1998 wurde dem Kläger am 9. Dezember 1998 bis auf 100,00 DM in bar ausgezahlt. Zuvor war die Zahlung des Gehaltes für den Monat Oktober 1998 mittels Scheck wegen fehlender Deckung gescheitert. Das am 3. Dezember 1998 fällige Gehalt für den Monat November 1998 wurde am 15. Dezember 1998 an den Kläger gezahlt. Die Zahlung des am 5. Januar 1999 fälligen Gehaltes für den Monat Dezember 1998 erfolgte ebenfalls nicht pünktlich. Dem Kläger erreichte in diesem Zusammenhang am 4. Januar 1999 ein Rundschreiben der Beklagten, in dem darauf hingewiesen wird, dass die am 1. Oktober 1998 begonnene Überleitung in die GmbH im vollen Zug laufe und noch einige Tage des neuen Jahres in Anspruch nehmen werde, es im letzten Monat zu Verzögerungen in der Gehaltszahlung gekommen sei, die Beklagten damit rechneten, dass ab Februar 1999 die pünktliche Überweisung der Gehälter wieder möglich sein werde.
Am 8. Januar 1999 fand zwischen den Parteien ein Gespräch statt, in dem der Kläger die Zahlung seines Gehaltes für den Monat Dezember 1998 forderte und den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15. Januar 1999 anbot. Die Beklagten lehnten mit Schreiben vom 11. Januar 1999, das dem Kläger am gleichen Tage zuging, den Abschluss des Aufhebungsvertrages ab und verwiesen den Kläger auf die ordentliche Kündigung. Daraufhin übergab der Kläger am 11. Januar 1999 zu Händen des Beklagten zu 2) ein unter dem 8. Januar 1999 von seinen Prozessbevollmächtigten gefertigtes Schreiben. Mit diesem Schreiben kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis fristlos mit einer Auslauffrist zum 15. Januar 1999, forderte die Gewährung von Urlaub für die Zeit vom 13. ...