Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
Rz. 81
§ 25 Abs. 1 LGrStG BW bestimmt den Gegenstand der Bewertung und knüpft damit an § 24 Abs. 1 LGrStG BW an, der die wirtschaftliche Einheit als Bezugsgröße für die Bewertung des Grundbesitzes festlegt. Der Gesetzgeber lehnt sich an den in § 2 BewG verwendeten Begriff an. Das Bewertungsgesetz gibt selbst keine Begriffsbestimmung der wirtschaftlichen Einheit. Deutlich wird aber, dass die Bewertung an der Zusammengehörigkeit von Wirtschaftsgütern festmacht, die sich durch die tatsächliche Nutzung dieser Wirtschaftsgüter im Wirtschaftsleben ergibt (s. § 2 BewG Rz. 41). Die gesetzlich vorgesehene Gesamtbewertung mehrerer Wirtschaftsgüter einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich aus § 25 Abs. 1 Satz 2 LGrStG BW, der § 2 Abs. 2 Satz 2 BewG entspricht (s. § 2 BewG Rz. 43).
Die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ist nach § 26 Abs. 1 Satz 1 LGrStG BW der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, während die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens nach § 37 Abs. 1 Satz 1 LGrStG BW das Grundstück ist. Zur wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gehören nicht die Wohngebäude und der zugehörige Grund und Boden.
Rz. 82
Allgemein ist eine zutreffende Abgrenzung insbesondere bei verbundenen Sachen und Sachgesamtheiten von steuerrechtlicher Bedeutung, damit erkennbar ist, welche Teile sich auf die Wertermittlung ausgewirkt haben (positive Abgrenzungswirkung) und welche Teile bei der Bewertung unberücksichtigt geblieben sind (negative Abgrenzungswirkung) (s. § 2 BewG Rz. 6).
Rz. 83
Für das Landesgrundsteuergesetz BW gilt dieser Grundsatz, obwohl für das neue Bewertungsverfahren für Grundstücke keine Gebäudewerte einbezogen werden. Trotzdem soll die Verkehrsanschauung für Bestimmung und Abgrenzung wirtschaftlicher Einheiten maßgebend sein. Die Auslegung des Steuertatbestandes folgt der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise (s. § 2 BewG Rz. 7). § 2 Abs. 1 Satz 2 BewG führt die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung, die tatsächliche, unabhängige Nutzungsmöglichkeit und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zur Abgrenzung an (ausf. dazu § 2 BewG Rz. 57 ff.). Die Gesetzesbegründung des Landesgrundsteuergesetzes nennt ein Beispiel: Werden durch eine dauerhafte, flurstücksübergreifende Nutzung zwei Grundstücke so eng miteinander verknüpft, dass eine isolierte Betrachtung der Grundstücke nicht der Verkehrsanschauung entspricht, ist von einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen.
Rz. 84
Die Gesetzesbegründung geht von insgesamt 5,6 Mio. wirtschaftlichen Einheiten – 4,1 Mio. Grundstücke und 1,5 Mio. land- und forstwirtschaftliche Betriebe – in Baden-Württemberg aus. Grundsteuerwerte werden für wirtschaftliche Einheiten bei Hauptfeststellungen allgemein festgestellt (§ 15 Abs. 1 LGrStG BW). Für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Grundsteuerwert festzustellen ist, wird der Grundsteuerwert nach § 17 Abs. 1 LGrStG BW nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt die wirtschaftliche Einheit neu entsteht oder eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit erstmals zur Grundsteuer herangezogen werden soll. Der Grundsteuerwert wird nach § 18 Abs. 1 LGrStG BW aufgehoben, wenn dem Finanzamt bekannt wird, dass die wirtschaftliche Einheit wegfällt oder der Grundsteuerwert der wirtschaftlichen Einheit infolge von Befreiungsgründen der Besteuerung nicht mehr zugrunde gelegt wird.
Rz. 85
Mehrere Wirtschaftsgüter kommen nach § 25 Abs. 1 Satz 3 LGrStG BW als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören. Die Regelung knüpft wortgleich an § 2 Abs. 2 BewG an. Insoweit ist auf die einschlägige Kommentierung zu verweisen (s. § 2 BewG Rz. 79–81).
Rz. 86
Durch ÄndGLGrStG v. 22.12.2021 wurden in Abs. 1 die Sätze 7 und 8 eingefügt. Die Ergänzung führt die bisherigen und bewährten Regelungen aus § 34 Absatz 4 bis 6 BewG für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen bei Gesellschaften und Gemeinschaften fort. Dadurch wird eine Aufspaltung der bisherigen und bekannten wirtschaftlichen Einheiten in zahlreiche neu anzulegende wirtschaftliche Einheiten vermieden, was einen erhöhten Aufwand bewirkt hätte. § 25 Abs. 1 Sätze 7–8 stimmen mit den Regelungen des BewG überein, weichen aber in der Reihenfolge voneinander ab (vgl. die Kommentierung zu § 34 LGrStG BW Rz. 150 ff.).