Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg / 3. Messzahlenermäßigungen

Rz. 120

^{[Autor/Stand]} Auch wenn die Bewertung von Grundstücken unabhängig davon erfolgt, ob bebaute oder unbebaute Grundstücke vorliegen, werden bestimmte Grundstücke durch eine Messzahlenermäßigung begünstigt.^[2] § 40 LGrStG BW sieht in Absatz 3 eine Messzahlenermäßigung von 30 Prozent für Grundstücke vor, die überwiegend (> 50 Prozent) Wohnzwecken dienen, die dem Sozialstaatsprinzip Rechnung tragen sollen.^[3] Bei der Berechnung ist auf das Verhältnis der Wohn- und Nutzfläche nach Maßgabe der Wohnflächenverordnung oder auf DIN 277-1 abzustellen.^[4] Diese teilweise Verschonung führt isoliert betrachtet zu einer effektiven Steuermesszahl von 0,91 Promille (70 Prozent v. 1,3 Promille). Ein solcher allgemein geltender Abschlag für überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Grundstücke sieht das Grundsteuergesetz nicht vor (vgl. § 15 GrStG Rz. 36 mit einer tabellarischen Übersicht der Ermäßigungstatbestände). Nach der Gesetzesbegründung des Landesgrundsteuergesetzes BW soll ein Anreiz geschaffen werden, mehr Flächen der Wohnnutzung zuzuführen, um das Wohnen als Grundbedürfnis besser befriedigen zu können.^[5] Es kann bezweifelt werden, dass dieser außerfiskalische Lenkungszweck tatsächlich Wirkungen in breitem Umfang entfaltet.^[6]

Rz. 121

^{[Autor/Stand]} § 40 Abs. 4 LGrStG BW sieht eine Ermäßigung der Steuermesszahl um 25 Prozent für nach Landesrecht oder Bundesrecht entsprechend geförderte Grundstücke vor und weist Gemeinsamkeiten mit § 15 Abs. 2 und 3 GrStG auf.^[8] Der Nachweis ist durch die erteilte Förderzusage zu erbringen.^[9] Durch ÄndGLGrStG wurde die Voraussetzung des schriftlichen Verwaltungsakts gestrichen. Außerdem ist die Ermäßigung in § 40 Abs. 4 Satz 2 LGrStG BW daran geknüpft, dass die aus der Förderzusage ergebenden Bestimmungen des Landes- oder Bundesrechts für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums eingehalten werden. Die Änderung durch das ÄndGLGrStG^[10] hat klarstellende Bedeutung.^[11] Bezieht sich die Förderung nur auf einzelne Wohnungen eines Objekts, ist die Messzahlenreduktion nur auf die geförderten Wohnungen anzuwenden, sodass der Grundsteuerwert aufzuteilen ist.^[12]

Rz. 122

^{[Autor/Stand]} § 40 Abs. 5 LGrStG BW sieht eine Ermäßigung von 25 % für Grundstücke bestimmter Rechtsträger (Wohnungsbaugesellschaften von Gebietskörperschaften, die mit der Gebietskörperschaft einen Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen haben, gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und bestimmte Vermietungsgenossenschaften und -vereine) vor. Die Ermäßigung nach Absatz 5 will den Belangen der Bau- und insbesondere der Wohnungswirtschaft Rechnung tragen und entspricht § 15 Abs. 4 GrStG (vgl. § 15 GrStG Rz. 58 ff.). Die Spezifizierung durch ÄndGLGrStG^[14] entspricht den Regelungen in den anderen Absätzen und hat nur klarstellende Bedeutung.^[15]

Rz. 123

^{[Autor/Stand]} Die Steuermesszahl wird nach § 40 Abs. 6 LGrStG BW um 10 % ermäßigt, wenn sich auf dem Grundstück Gebäude befinden, die Kulturdenkmale i.S.d. Denkmalschutzgesetzes sind.^[17] Sind nur abgrenzbare Gebäudeteile Kulturdenkmale, so ist nur dieser Teil des Gebäudes begünstigt.^[18]

Rz. 124

^{[Autor/Stand]} Erfüllt ein Grundstück mehrere Vergünstigungstatbestände im Sinne der Absätze 3 bis 6, bestimmt § 40 Abs. 7 LGrStG BW, dass sich die Ermäßigung der Steuermesszahl nach Absatz 2 aus der Summe der zu berücksichtigenden Prozentsätze ergibt.^[20] In § 15 GrStG fehlt bislang eine solche Klarstellung.^[21] Bei den Ermäßigungen ist zu beachten, dass eine Kumulation der Ermäßigungen nach Abs. 4 und 5 nicht möglich ist, da sich diese tatbestandlich ausschließen.^[22]

Die Kumulation von Begünstigungen kann zu folgenden ermäßigten Messzahlen führen, die in den Tabellen 8 und 9 dargestellt sind.^[23] Die Häufung mehrerer Ermäßigungen kann bei Wohngrundstücken zu Konstellationen führen, bei denen nur 35 % der ungemilderten Messzahl angesetzt wird, die Begünstigung somit 65 % beträgt. Bei Nichtwohngrundstücken liegt die maximale Messzahlenreduktion bei 35 %. Abweichende Ermäßigungssätze können zum Tragen kommen, wenn sich die Reduktionen nur auf einen Teil des Grundstücks beziehen.^[24] Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Tarifgestaltung nicht dem Grundsatz der Einfachheit entspricht.^[25]

[Autor/Stand] Autor: Marx, Stand: 01.09.2022

[2] Vgl. Schmidt, NWB-EV 2021, 65; Grootens, ErbStB 2021, 82.

[3] Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucks. 16/8907, 82; Vgl. auch Schmidt, NWB-EV 2021, 65.

[4] Vgl. Krumm/Paeßens, § 40 LGrStG Rz. 4.

[5] Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucks. 16/8907, 82.

[6] Zur Zulässigkeit außerfiskalischer Lenkungsziele vgl. Scheffler/Feldner, ifst-Schrift Nr. 542, 2021, 162.

[Autor/Stand] Autor: Marx, Stand: 01.09.2022

[8] Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen (Landeswohnraumförderungsgesetz – LWoFG) v. 11.12.2007, GBl. 2007, 581; zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG v. 7.5.2020, GBl. 2020, 253.

[9] Vgl. Schmidt, NWB-EV 2021, 65.

[10] Gesetz zur Änderung des Landesgrundsteuergesetzes und zur Einführung ...