Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei gleichzeitiger Verhängung der Postsperre. Möglichkeit der Kenntnisnahme von eineranzufechtenden Entscheidung i.R. eines effektiven Rechtsschutzes
Normenkette
InsO §§ 4, 6 Abs. 1, § 9 Abs. 1, 3, § 30 Abs. 2, § 34 Abs. 2; ZPO § 569 Abs. 1, § 572 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 05.04.2004; Aktenzeichen 65 IN 65/04) |
BVerfG (Entscheidung vom 02.12.1987; Aktenzeichen 1 BvR 1291/85) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 05.04.2004 – AZ: 65 IN 65/04 – wird als unzulässig verworfen.
Der Schuldener trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 714.768,76 EUR
Tatbestand
I.
Unter dem 24.02.2004 beantragte die Gläubigerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Zur Begründung führte sie aus, dass seitens des Schuldners ein Beitragsrückstand in Höhe von 11.670,39 EUR bestehe. Auch die Zwangsvollstreckungsversuche gegen den Schuldner seien erfolglos geblieben. Es sei daher davon auszugehen, dass der Schuldner zahlungsunfähig bzw. überschuldet sei.
Mit Beschluss vom 05.04.2004 hat das Amtsgericht über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und gleichzeitig eine Postsperre verhängt. Von dieser Postsperre sind Schreiben des Insolvenzgerichtes und des Insolvenzverwalters ausgenommen. Der Eröffnungsbeschluss wurde am 06.04.2004 im Internet unter der Adresse www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht und dem Schuldner und der antragstellenden Gläubigerin am 08.04.2004 zugestellt. Dem Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners wurde der Eröffnungsbeschluss am 15.04.2004 zugestellt.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 23.04.2004, die am 27.04.2004 per Fax beim Amtsgericht eingegangen ist. Zur Begründung führt er aus, dass das Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters falsch sei. Insbesondere der Eröffnungsgrund derÜberschuldung sei nicht gegeben. Mit Beschluss vom 04.05.2004 hat das Insolvenzgericht die Abhilfe mit der Begründung abgelehnt, die Beschwerde sei verfristet, weil die öffentliche Bekanntmachung im Internet gemäß § 9 Abs. 1 und 3 InsO mit dem Ablauf von 2 Tagen die Zustellung bewirkt habe. Auf die Zustellungen auf dem Postwege komme es nicht an.
Der Schuldner ist der Ansicht, das Insolvenzgericht habe zwar die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung zutreffend angewandt. Dennoch sei keine Verfristung eingetreten, da die Veröffentlichung im Internet aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Zustellungsfiktion entfalten dürfe. Das Medium Internet sei noch nicht so verbreitet, als dass daran dieselben Folgerungen geknüpft werden dürften wie an die Veröffentlichung in amtlichen Bekanntmachungsblättern. Deshalb könne insoweit auch nicht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 02.12.1987 – 1 BvR 1291/85 abgestellt werden, der eine Zustellungsfiktion an die Veröffentlichung in Amtsblättern für verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft hat. Ein effektiver Rechtsschutz erfordere die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der anzufechtenden Entscheidung. Da nicht jeder das Medium Internet beherrsche, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist zwar an sich gemäß §§ 34 Abs. 2, 6 Abs. 1 InsO statthaft, aber gemäß §§ 4 InsO, 569 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Notfrist von 2 Wochen eingelegt worden ist. Deshalb ist sie gemäß § 572 Abs. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Hinsichtlich der einfachrechtlichen Begründung der Verfristung wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf den zutreffenden Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 04.05.2004 Bezug genommen. Dass nach der bestehenden Gesetzlage die sofortige Beschwerde erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingelegt worden ist, stellt auch der Schuldner nicht in Frage. Er hält diese gesetzliche Regelung nur für verfassungswidrig, soweit danach als Bekanntmachungsmedium auch das Internet zugelassen ist.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Schuldners gegen die Regelungen in § 9 Abs. 1 und 3 InsO, der zufolge die Zustellung zwei Tage nach Einstellung des Eröffnungsbeschlusses in das für das Insolvenzgericht von der Landesjustizverwaltung bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsmedium, hier das Internet unter der Adresse WWW.insolvenzbekanntmachungen.de, als bewirkt gilt, teilt die Kammer nicht. Diese Regelung verkürzt die Rechtsschutzmöglichkeiten des Schuldners nicht in unzumutbarer Weise. Denn das Internet ist heute ein so verbreitetes Medium, das zudem auch für den Unkundigen in einem der zahlreichen und in praktisch jeder Stadt bestehenden Internet-Cafes ohne weiteres unter Anleitung des Cafe-Betreibers genutzt werden, dass der Gesetzgeber diese Medium an die Stelle der wesentlich schwerer zu beschaffenden und einzusehenden Amtsblätter setzen konnte. Für letztere hat das...