Entscheidungsstichwort (Thema)
Es besteht ein Bereicherungsanspruch gegen den Insolvenzverwalter bei einer irrtümlichen Fehlüberweisung an den Insolvenzschuldner. Bereicherungsanspruch gegen den Insolvenzverwalter bei einer irrtümlichen Fehlüberweisung an den Insolvenzschuldner
Leitsatz (amtlich)
Bereicherungsanspruch gegen Insolvenzverwalter bei Fehlüberweisung an den Insolvenzschuldner
Normenkette
BGB § 812; InsO § 60 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.956,43 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 30.06.2009 bis zum 15.10.2009 und nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2009 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger hatte aufgrund eines Abzahlungskaufs an die Firma R GmbH aus G (im Folgenden Insolvenzschuldnerin genannt) Ratenzahlungen zu erbringen.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 09.06.2009 (Az.: 166 IN 119/09) wurde aufgrund eines Antrags auf Insolvenzeröffnung vom selben Tage der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter (mit Zustimmungsbefugnis) über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin bestellt. Der Kläger – nach seiner Behauptung in Unkenntnis des vorläufigen Insolvenzverfahrens – tätigte am 29.06.2009 von einem Terminal der Deutschen Bank aus eine Überweisung, die zugunsten des Kontos … der Insolvenzschuldnerin, Bankleitzahl …, ausgeführt wurde. Statt der von dem Kläger geschuldeten Monatsrate in Höhe von 100,57 Euro überwies der Kläger hierbei infolge eines Versehens einen Betrag von 10.057 Euro; dieser Betrag wurde am 30.06.2009 dem Konto der Insolvenzschuldnerin gutgeschrieben.
Nachdem der Kläger anhand eines Kontoauszugs seinen Irrtum bemerkt hatte, versuchte er in der Folgezeit vergeblich, den überschüssigen Differenzbetrag in Höhe von 9.956,43 Euro zurück zu erlangen. Die Insolvenzschuldnerin teilte dem Kläger mit an dessen Rechtsanwalt gerichtetem Schreiben vom 03.08.2009 mit, der Beklagte habe die Insolvenzschuldnerin gebeten, dem Kläger auf dessen Schreiben vom 14.07.2009 zu antworten, der Betrag von 9.956,43 Euro sei zur Auszahlung angewiesen worden, die Überweisung könne aber erst erfolgen, wenn „nach Insolvenzrecht alles geklärt” sei.
Am 01.09.2009 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Essen in dem bereits genannten Verfahren 166 IN 119/09 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Nachdem der Beklagte die Gelder von den Konten der Insolvenzschuldnerin auf sein Konto übergeleitet hat, nimmt der Kläger ihn im vorliegenden Rechtsstreit auf Erstattung des überzahlten Betrags zuzüglich Zinsen in Anspruch. Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte als zunächst vorläufiger und später dann endgültiger Insolvenzverwalter hafte unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, wenn er die Aussonderung einer Forderung der hier in Rede stehenden Art nicht gewährleistet habe.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 9.956,43 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2009 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte tritt der Rechtsauffassung des Klägers entgegen und beruft sich darauf, eine ungerechtfertigte Bereicherung, die wie hier bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten sei, begründe lediglich eine Insolvenzforderung, die nach den Vorschriften der §§ 174 ff. InsO zur Insolvenztabelle anzumelden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die mit ihnen überreichten Unterlagen und auf die Erklärungen der Parteien bzw. deren Vertreter im Termin am 10.09.2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist – bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsforderung – begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 9.956,43 Euro unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 ff. BGB. Durch die irrtümlich vom Kläger geleistete Zuviel-Überweisung in der genannten Höhe ist auf Seiten des Beklagten aufgrund seiner Rolle als vorläufiger Insolvenzverwalter eine rechtsgrundlose Vermögensmehrung eingetreten. Dieses gilt unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob die Zahlung des Klägers – aus Sicht des Beklagten unter Zugrundelegung des Beschlusses des Amtsgerichts Essen vom 09.06.2009 unabhängig von der insoweit fehlenden Kennzeichnung durch den Kläger – von Vornherein als Zahlung an den Beklagten in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter anzusehen ist oder ob sich die zunächst auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin befindliche Vermögensmehrung in der Weise bei dem Beklagten eingefunden hat, dass dieser die K...