Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen i.S.d. § 21 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO). Voraussetzungen für die Anerkennung von Durchsuchungen in Räumen Dritter als zulässige Sicherungsmaßnahme gem. § 21 Abs. 2 InsO. Zulässigkeit der Verpflichtung der Organe und der organschaftlichen Vertreter des Schuldners zur unverzüglichen und umfassenden Mitwirkung bei der Aufklärung der schuldnerischen Vermögensverhältnisse
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2, §§ 20, 22 Abs. 3 S. 3, §§ 97-98, 101
Verfahrensgang
AG Alzey (Beschluss vom 18.10.1999; Aktenzeichen I N 55/99) |
AG Alzey (Beschluss vom 17.10.1999; Aktenzeichen I N 55/99) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 4) gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Alzey vom 17.10.1999 und 18.10.1999 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Beteiligten zu 2); 3,) und 4) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf DM 10.000,– festgesetzt.
Gründe
Die Schuldnerin stellte mit Schreiben vom 17.09.1999 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Sie gehört zu einem bundesweiten Verbund von zahlreichen Möbelhandelsgesellschaftern mit dem Firmenbestandteil „…” und hat im Oktober 1998 Dienstleistungsverträge mit den Beteiligten zu 2) und 3) geschlossen, mit denen sie ihnen umfassende kaufmännische, buchhalterische und rechtliche Aufgaben übertrug. Aufgrund dieser Verträge erlangte die weitere Beteiligte zu 4.) den Besitz an geschäftlichen Unterlagen der Schuldnerin. Der am 21.09.1999 bestellte vorläufige Insolvenzverwalter und Sachverständige Dr. … hat festgestellt, dass sich sämtliche für die Aufklärung der schuldnerischen Vermögensverhältnisse maßgeblichen Geschäftsunterlagen im Besitz der Beteiligten zu 2) und 3) befinden. Um in Erfüllung seiner Aufgaben in den Besitz der Geschäfts- sowie Buchhaltungsunterlagen zu gelangen, wurde der amtierende Geschäftsführer der Schuldnerin veranlasst, gegenüber den beiden Beteiligten zu 2) und 3) die Kündigung der bestehenden Dienstleistungsverträge auszusprechen. Die Kündigung erfolgte zusammen mit der Aufforderung, die maßgeblichen Unterlagen an den Insolvenzverwalter herauszugeben. Als Reaktion auf dieses Schreiben teilte die Beteiligte zu 2) mit, dass die erbetenen Unterlagen bis zum 30.10.1999 zur Verfügung gestellt werden könnten. Eine Reaktion von Seiten der Beteiligten zu 3) erfolgte nicht. Daraufhin hat der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 07.10.1999 beantragt, Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 1 InsO i. V. in. den §§ 883, 758 ZPO anzuordnen.
Mit Beschluss vom 07.10.1999 hat das Amtsgericht daraufhin eine Vielzahl von Maßnahmen angeordnet. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen (Bl. 116-118 d.A.).
Mit Beschluss vom 18.10.1999 wurde der Sicherungsbeschluss vom 07.10.1999 dahingehend ergänzt, dass als weitere Beteiligte und Betroffene der im Beschluss vom 07.10.1999 angeordneten Zwangsmaßnahmen die Beteiligte zu 4) gilt.
Am 25.10.1999 kam es zur Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen, in deren Zusammenhang die sich im Besitz der Beteiligten befindlichen Geschäftsunterlagen der Schuldnerin sichergestellt wurden.
Mit Schriftsatz vom 03.11.1999, eingegangen bei Gericht am selben Tag, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) bis 4) gegen die Beschlüsse vom 7.10. und 18.10.1999 sofortige Beschwerde eingelegt. Mit ihrer Beschwerde wenden sie sich gegen die in dem Beschluss vom 07.10.1999 angeordneten Maßnahmen. Zur näheren Begründung wird auf den Schriftsatz vom 03.11.1999 (El. 146 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die gegen die Anordnung der in Ziff. 1-8 ausgesprochenen Maßnahmen gerichtete Beschwerde ist „nicht statthaft”. Gemäß § 6 Abs. 1 InsO unterliegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen das Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht.
Gegen die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gemäß § 21 Abs. 2 InsO hat der Gesetzgeber jedoch kein Beschwerderecht vorgesehen (vgl. LG Göttingen NZI 2000, 383; Nerlich/Römermann/Mönning, InsO, Kommentar, Stand November 2000, § 21, Rn. 119; Frankfurter Kommentar zur InsO/Schmerbach, 1999, § 21, Rn. 82). Bei den im Beschluss vom 07.10.1999 angeordneten Maßnahmen handelt es sich um zulässige Sicherungsmaßnahmen im Rahmen des § 21 InsO. Unstreitig sind Durchsuchungen in den Räumen der Schuldnerin zur Ermittlung und Wegnahme von geschäftlichen Unterlagen als zulässige Sicherungsmaßnahmen allgemein anerkannt. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit darin, dass die Durchsuchungen in Räumen von Dritten angeordnet worden sind. Eine solche Durchsuchung ist jedoch in besonderen Fällen als zulässige Sicherungsmaßnahme im Rahmen des § 21 InsO anzuerkennen. Voraussetzung dafür ist, dass erhebliche tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Verdunkelungshandlungen des Besitzers dieser Räume im Zusammenwirken mit dem Schuldner vorliegen, etwa für ein vorsätzliches Beiseiteschaffen der Unterlagen zur Behinderung der g...