§ 6b EStG bewirkt eine Steuerstundung, nicht eine Steuerersparnis. Die Vorschrift beinhaltet ein steuerbilanzielles Wahlrecht, welches auch Haftungsrelevanz im Rahmen der steuerlichen Beratung hat. Von besonderer Bedeutung ist § 6b EStG bei mittelständischen Personengesellschaften mit Immobilienbesitz. Veräußert eine Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut des Gesamthandsvermögens an eine andere Personengesellschaft, an der einer ihrer Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist, kann nach der Entscheidung des BFH (BFH, Urteil v. 9.11.2017, IV R 19/14, BFH/NV 2018 S. 487) der auf den Doppelgesellschafter entfallende Veräußerungsgewinn unter den Voraussetzungen des § 6b EStG im Umfang des Anteils des Doppelgesellschafters am Gesamthandsvermögen der Schwestergesellschaft auf die Anschaffungskosten des entsprechenden Wirtschaftsguts übertragen werden. Eine entsprechende Buchwertübertragung ist vor dem Hintergrund des beim BVerfG anhängigen Verfahrens 2 BvL 8/13 mit Gestaltungsrisiken behaftet. Das obige Urteil des BFH hat Geltung auch für fremdübliche Veräußerungen zwischen Mitunternehmer und Mitunternehmerschaft und bei mehrstöckigen Personengesellschaften. Die rückwirkende Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG bei erstmalig durch die Betriebsprüfung aufgedeckten stillen Reserven dürfte möglich sein. Des Weiteren hat der BFH mit Urteil v. 22.11.2018 (BFH, Urteil v. 22.11.2018, VI R 50/16, BFH/NV 2019 S. 324) entschieden, dass eine Rücklage nach § 6b EStG vor der Anschaffung oder Herstellung eines Reinvestitionswirtschaftsguts nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden kann. Fraglich ist, ob eine Rücklage nach § 6b EStG im Falle einer Verschmelzung auf den übernehmenden Rechtsträger auch dann übergeht, wenn die Verschmelzung genau vier Jahre nach Rücklagenbildung zeitgleich zum Ende der 4-Jahresfrist stattfindet. Das FG Münster hat dies mit Urteil v. 17.9.2018, 13 K 2082/15 K, G – XI R 39/18 bejaht. Eine andere Auffassung insoweit vertritt das FG Berlin-Brandenburg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.3.2019, 6 K 6071/18, EFG 2019 S. 739; Rev. eingelegt, Az des BFH I R 20/19. Der Auffassung des FG Münster dürfte zu folgen sein. In relevanten Fällen sollten Rechtsmittel eingelegt werden. In der Praxis sollte aber ein entsprechender zeitlicher Puffer eingeplant werden. Erfolgt der dem UmwStG unterliegende Vorgang zu gemeinen Werten, dürfte entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung eine Nutzung von § 6b EStG beim übernehmenden Rechtsträger möglich sein. Fraglich ist, ob die in § 6b Abs. 2a EStG geregelte Stundungsmöglichkeit auch auf die GewSt ausstrahlt. Dies dürfte zu bejahen sein.
(so Prinz/Ludwig, Aktuelles Praxis-Knowhow zu § 6b EStG, FR 2019, 493)