I. Vor §§ 101 EStG ff (Einführung MobilitätsG)
Schrifttum:
Hörster, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht – Maßnahmen zur steuerrechtlichen Förderung von umweltfreundlichem Verhalten, NWB 2019, 3202;
Titgemeyer, Kritische Würdigung der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht, DStZ 2020, 16;
Eichholz, Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht sowie weitere Maßnahmen zum Klimaschutz – Überblick und erste Einschätzung, StuB 2020, 60;
Mader, Aktuelle und geplante lohnsteuerliche Änderungen, B+P 2020, 184;
Schober, Die Mobilitätsprämie – Eine beispiellose Steuerinvestition 2.0, FR 2021, 482;
Schmitt, Erhöhte Entfernungspauschale für Fernpendler und Mobilitätsprämie für Geringverdiener – Berechnungsbeispiele zur Steuerersparnis für Arbeitnehmer und Unternehmer, NWB 2021, 716.
A. Ziel des Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht
Rn. 1
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht vom 21.12.2019 (BGBl I 2019, 2886) verfolgt die Bundesregierung einen Ansatz, mit einem Bündel an Maßnahmen auf nationaler Ebene, die auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris beschlossene Verpflichtung zur Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C zu erreichen (BT-Drucks 19/14338, 13). Konkret hat Deutschland sich zusammen seinen europäischen Partnern darauf verständigt, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 40 % gegenüber 1990 zu verringern (BT-Drucks 19/14338, 1). Zu Hintergrund und Ziel des Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 s Titgemeyer, DStZ 2020, 16.
B. Umsetzungsmaßnahmen
Rn. 2
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Einen besonderen Stellenwert hat in diesem Zusammenhang die Reduzierung des CO2-Austoßes im Verkehrssektor. Zur Stärkung von alternativen Mobilitätsformen und zur Erreichung von Verhaltensanpassungen sieht das Klimaschutzprogramm unter anderem eine vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2026 befristete Anhebung der Entfernungspauschale für StPfl mit einem langen Arbeitsweg von 21 km oder mehr (Fernpendler) bzw für StPfl mit einem beruflich veranlassten doppelten Haushalt vor, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 8 EStG nF/§ 4 Abs 5 S 1 Nr 6 S 4 EStG nF und § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 9 EStG nF (BT-Drucks 19/14338, 24).
StPfl, die mit ihrem zvE innerhalb des Grundfreibetrags nach § 32a EStG (VZ 2021 9 744 EUR, VZ 2022 10 347 EUR, VZ 2023 10 909 EUR) liegen, erhalten die Möglichkeit, alternativ zur erhöhten Entfernungspauschale von 35 Cent (bzw 38 Cent ab VZ 2022) ab dem 21. Entfernungskilometer die in den §§ 101–109 EStG geregelte und ebenfalls befristete Mobilitätsprämie iHv 14 % der erhöhten Pauschale zu beantragen. Ziel ist es, mit der Mobilitätsprämie auch diejenigen StPfl zu entlasten, bei denen ein höherer WK- oder BA-Abzug infolge der erhöhten Entfernungspauschale zu keiner entsprechenden steuerlichen Entlastung führt (BT-Drucks 19/14338, 26) und diese geringverdienenden Fernpendler auf diese Weise mit Pendlern gleichzustellen, die ein zvE außerhalb des Grundfreibetrags erzielen.
Rn. 3
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Die Vorschriften gelten – wie die Erhöhung der Entfernungspauschale – ab dem VZ 2021 (Art 7 Abs 2 des Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht vom 21.12.2019 (BGBl I 2019, 2886) und sind ein Fremdkörper im EStG (Krüger in Schmidt, Vor § 101 EStG, 41. Aufl 2022). Anders als die Bezeichnung "Mobilitätsprämie" suggeriert, handelt es sich nicht um eine Prämie im eigentlichen Sinne, sondern um eine Subvention für Geringverdiener (Ausgleich von Mehrbelastungen aus der eigentlich nicht erwünschten Nutzung eines Verkehrsmittels mit CO2-Austoß) (Oertel in Kirchhof/Seer, § 101 EStG Rz 4, 21. Aufl 2022).
C. Bedenken und Kritik
Rn. 4
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Zu verfassungsrechtlichen Fragen und Bedenken s Schmitt, NWB 2021, 716 (722f); Schober, FR 2021, 482 (483f) und Böwing-Schmalenbrock in Brandis/Heuermann, § 101 EStG Rz 14 und 15, März 2021; Schober, aaO, auch zu Problemen einer möglichen Überkompensation sowie zu europarechtlichen Fragen.
Rn. 5
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
vorläufig frei
II. Bemessungsgrundlage und Höhe der Mobilitätsprämie (§ 101 EStG)
A. Allgemeines
Rn. 6
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
StPfl, bei denen sich ein höherer WK- oder BA-Abzug infolge der erhöhten Entfernungspauschale steuerlich nicht auswirkt, weil ihr zvE innerhalb des Grundfreibetrags (VZ 2021 9 744 EUR, VZ 2022 10 347 EUR, VZ 2023 10 909 EUR) liegt und sie daher keine ESt zahlen (geringverdienende Fernpendler), haben ab dem VZ 2021 mit der Mobilitätsprämie die Möglichkeit, anstelle der erhöhten Entfernungspauschale eine steuerliche Entlastung zu erhalten.
Die Mobilitätsprämie beläuft sich auf 14 % der erhöhten Entfernungspauschale (§ 101 S 4 EStG). Sie wird für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw Betriebsstätte sowie für eine Familienheimfahrt wöchentlich im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gewährt. Ein Anspruch besteht nur, soweit das zvE, das sich unter Berücksichtigung der erhöhten Entfernungspauschale ergibt, unterhalb des Grundfreibetrags (§ 32a Abs 1 S 2 EStG) liegt (§ 101 S 2 EStG).
Bei Ehegatten, die nach §§ 26, 26b EStG zur ESt zusammenveranlagt werden, kommt es...