Dr. Carl Ulrich Hildesheim
Rn. 1
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Die seit dem 01.07.2020 gültige Norm ist durch das Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) vom 29.06.2020 (BGBl I 2020, 1512) neu in das EStG aufgenommen worden.
Dieser gesetzlichen Neuregelung vorausgegangen waren zwei BMF-Schreiben,
- BMF vom 19.03.2020, BStBl I 2020, 262 und
- BMF vom 24.04.2020, BStBl I 2020, 496, Letzteres überschrieben mit: "Corona-Sofortmaßnahme: Antrag auf pauschalierte Herabsetzung bereits geleisteter Vorauszahlungen für 2019" (dazu s Rn 4ff); die neuen §§ 110, 111 EStG ersetzen das letztgenannte BMF-Schreiben (Haubner, ZHW 2020, 212, 215 mwN).
Zum neuen § 110 EStG ist ein BMF-Schreiben bislang nicht ergangen. In der Literatur (Bergan/Horlemann, DStR 2020, 1401, 1402 mwN etwa zu Stellungnahmen des BDI) wird darauf hingewiesen, dass es der Kodifizierung in §§ 110, 111 EStG nicht zwingend bedurft hätte, weil die Berücksichtigung eines Verlustrücktrags im Rahmen der Vorauszahlung dem Grunde nach bereits zulässig ist und bei der Veranlagung (ohne Veranlagung des Verlustentstehungsjahres) eine vorläufige Berücksichtigung eines Verlustrücktrags in Betracht kommt (§ 162 Abs 1 AO iVm § 165 Abs 1 AO). Einigkeit besteht allerdings darin, dass aus Gründen der Rechtsklarheit im Blickwinkel der außerordentlichen Krisensituation die Kodifizierung sinnvoll war.
Im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drucks 19/20058 vom 16.06.2020, 25) ist zur Begründung des neuen § 110 EStG ausgeführt:
Zitat
„Auf Grund der Corona-Krise und der damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind viele StPfl dadurch negativ betroffen, dass sich ihre Einkünfte im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verringern und sie für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2020 einen rücktragsfähigen Verlust (§ 10d Abs 1 S 1 EStG) erwarten müssen.
Damit die Erhöhung der Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag kurzfristig bereits im Vorauszahlungsverfahren für 2019 berücksichtigt werden kann, werden die Vorauszahlungen auf Antrag des StPfliHd vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 nachträglich herabgesetzt, wenn die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden. Der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 gemäß § 110 Ab 1 EStG beträgt pauschal 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte, der der Festsetzung der Vorauszahlungen 2019 zugrunde gelegt wurde. Er tritt an die Stelle des pauschalierten Verlustrücktrags iHv 15 % nach dem Schreiben des BMF vom 24.04.2020 (BStBl I 2020, 496), das mit Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgehoben werden wird.
Der vorläufige, pauschale Verlustrücktrag für 2020 iHv 30 % findet für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit keine Anwendung. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit entstehen typischerweise keine Verluste. Die Berücksichtigung eines pauschalen Verlustrücktrags würde dann später zu unter Umständen hohen Nachzahlungen führen.
Der StPfl kann aber gemäß Absatz 2 auch eine Herabsetzung um mehr als 30 % beantragen, wenn er diesen voraussichtlichen Verlustrücktrag für 2020 iSd § 10d Abs 1 S 1 EStG anhand detaillierter Unterlagen (zB anhand betriebswirtschaftlicher Auswertungen) nachweisen kann.”
Rn. 2
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Durch Art 1 Nr 5 des Dritten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 10.03.2021 (BGBl I 2021, 330) sind die in § 110 Abs 3 S 1 EStG genannten Beträge jeweils verdoppelt worden (von 5 000 000 EUR auf 10 000 000 EUR und von 10 000 000 EUR auf 20 000 000 EUR); die Neuregelung ist rückwirkend ergangen (§ 52 Abs 53 EStG; Ettlich in Brandis/Heuermann, § 110 Rz 6 (Februar 2023)). Das bedeutet, dass die Verdopplung für den VZ 2019 gilt.
§ 110 EStG ist im Übrigen weiterhin beschränkt auf die Anpassungen von Vorauszahlungen für den VZ 2019, gilt also nicht für Vorauszahlungen für die nachfolgenden VZ.
Rn. 3
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
vorläufig frei