Rn. 232
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Die Erstreckung des Abzugsverbots auf die Nebenleistungen, die auf die in § 12 Nr 3 Hs 1 EStG genannten Steuern entfallen (§ 12 Nr 3 Hs 2 EStG), konkretisiert den allg Grundsatz, dass Nebenleistungen regelmäßig entsprechend der steuerlichen Behandlung der Hauptleistung zu beurteilen sind (sog Annexqualifikation, vgl BFH IV R 6/08, BFH/NV 2011, 430). Mit dem Begriff der "Nebenleistung" in § 12 Nr 3 Hs 2 EStG sind die steuerlichen Nebenleistungen iSd § 3 Abs 4 AO gemeint. Nicht abzugsfähig sind danach (vgl H 12.4 EStH 2020 "Nebenleistungen"):
- Aussetzungszinsen gemäß § 237 AO (BFH X R 155/90, BFH/NV 1992, 458)
- Gebühren für verbindliche Auskünfte gemäß § 89 Abs 3 AO
- Hinterziehungszinsen gemäß § 235 AO
- Kosten gemäß § 178a AO und §§ 337 bis 345 AO
- Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO (BFH IV R 6/08, BFH/NV 2011, 430; BFH VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503; BFH VIII R 2/07, BStBl II 2010, 25)
- Säumniszuschläge gemäß § 240 AO
- Stundungszinsen gemäß § 234 AO (BFH IV R 122/90, BStBl II 1992, 342)
- Verspätungszuschläge gemäß § 152 AO
- Verzögerungsgelder gemäß § 146 Abs 2b EStG (Hruschka, Stbg 2012, 1 [4])
- Zuschlag wegen Nichtvorlage oder Unbrauchbarkeit von Aufzeichnungen gemäß § 162 Abs 4 AO (Bruschke, DStZ 2006, 575 [579]; Schmidt/Gröger, FR 2003, 813 [822]
- Zwangsgelder gemäß § 329 AO.
Rn. 233
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Zwar stehen das Verzögerungsgeld gemäß § 146 Abs 2b EStG und der Zuschlag gemäß § 162 Abs 4 AO mit der Ermittlung des betrieblichen Gewinns und nicht mit den persönlichen Merkmalen des StPfl im wirtschaftlichen Zusammenhang. Der Abzugsfähigkeit dieser Nebenleistungen steht aber der Wortlaut des § 12 Nr 3 Hs 2 EStG entgegen. Das Abzugsverbot gilt für die "auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen". Soweit also das Verzögerungsgeld und der Zuschlag gemäß § 162 Abs 4 AO auf Steuern vom Einkommen oder auf eine sonstige Personensteuer entfällt, ist die Nebenleistung nicht abzugsfähig, auch wenn der Grund für die Sanktion im betrieblichen Bereich liegt. Gleiches gilt für Gebühren für eine verbindliche Auskunft gemäß § 89 Abs 3 AO, soweit sie auf Steuern vom Einkommen oder auf eine sonstige Personensteuer entfallen (ebenso Fissenewert in H/H/R, § 12 EStG Rz 136 (Stand April 2019); aA Loschelder in Schmidt, § 12 EStG Rz 38 (40. Aufl); von Wedelstädt, DB 2006, 2715 [2716]). Die bislang hier vertretene Gegenauffassung wird aufgegeben.
Rn. 234
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Keine "Nebenleistung" iSv § 12 Nr 3 Hs 2 EStG ist der Strafzuschlag nach § 398a Abs 1 Nr 2 AO (Roth, DStR 2011, 1410). Der Strafzuschlag ist in § 3 Abs 4 AO nicht genannt. Außerdem kann der StPfl frei entscheiden, ob er den Strafzuschlag leistet, um ein Absehen von der Strafverfolgung zu erreichen. Allerdings ist der Strafzuschlag nach § 12 Nr 4 EStG nicht abzugsfähig.
Rn. 235
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO sind auch dann nach § 12 Nr 3 EStG v Abzug ausgeschlossen, wenn der nachzuzahlende Betrag zuvor zur Erzielung von Einkünften verwendet worden ist. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH IV R 6/08, BFH/NV 2011, 430; BFH VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503; BFH VIII R 2/07, BStBl II 2010, 25).
Rn. 236
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO, Stundungszinsen gemäß § 234 AO und Aussetzungszinsen gemäß § 237 waren nach dem früheren § 10 Abs 1 Nr 5 EStG aF als SA abzugsfähig. Diese Vorschrift wurde jedoch durch das StEntlG 1999/2000/2002 v 24.03.1999 (BGBl I 1999, 402) mit Wirkung zum 01.01.1999 aufgehoben (zur Verfassungsmäßigkeit: BFH XI R 73/03, BStBl II 2007, 387).
Rn. 237
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Im Hinblick auf die Erstattung von Zinsen gemäß § 233a AO hat es in der Rspr und Gesetzgebung gegenläufige Auffassungen gegeben. Ausgangspunkt der Überlegungen war die häufig anzutreffende Parallelität eines Abzugsverbots für geleistete Aufwendungen und fehlender StPfl für erhaltene Erstattungen. Deshalb liegen regelmäßig keine stpfl Einnahmen vor, wenn nicht abziehbare Steuern v FA erstattet werden. Es gibt allerdings keinen allg Grundsatz, nach dem Erstattungen nicht abziehbarer Aufwendungen nicht zu Einnahmen führen (BFH I B 97/11, BStBl 2012, 697; BFH I R 54/05, BFH/NV 2008, 617). So ging der BFH ursprünglich davon aus, dass erstattete Nachzahlungszinsen gemäß § 20 Abs 1 Nr 7 EStG stpfl seien (BFH VIII R 105/03, BFH/NV 2006, 527; BFH VIII R 260/82, BStBl II 1986, 557; BFH VIII R 104/70, BStBl II 1975, 568). Im Jahr 2010 änderte der BFH seine Rspr und war nunmehr der Auffassung, dass Zinsen gemäß § 233a AO durch § 12 Nr 3 EStG dem nichtsteuerlichen Bereich zugewiesen seien und dass Erstattungen solcher Zinsen außerhalb der Einkunftsarten gemäß § 2 Abs 1 EStG zufließen würden (BFH VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503). Daraufhin reagierte der Gesetzgeber mit dem JStG 2010. Er schuf in § 20 Abs 1 Nr 7 S 3 EStG einen eigenständigen Steuertatbestand für erstattete Zinsen gemäß § 233a AO. Die neue Vorschrift ist nach Ansicht des BFH verfassungsmäßig (BFH VII...