Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Rn. 144b
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Von den Betriebsmitteln zu unterscheiden ist eine zweite Gruppe, nämlich der Zukauf luf Erzeugnisse, die iRd Erzeugungsprozesses im eigenen (luf) Betrieb verwendet werden (R 15.5 Abs 5 S 1–3 EStR 2012). Hierzu gehören beispielsweise Saatgut, Zwiebeln und Knollen, Stecklinge, Jungpflanzen, Wildlinge oder sonstige Halbfertigwaren, Jungtiere für die Weiterzucht oder Mast bis zur Verkaufsreife sowie Tiere, die zur Aufzucht oder zum anderweitigen Einsatz im Betrieb mindestens drei Monate im Betrieb verweilen (s Rn 19b), die im Betrieb iRd Urproduktion noch be- oder verarbeitet werden, somit also durch die im Betrieb stattfindende Weiterkultur regelmäßig noch eine andere Marktgängigkeit erlangen (BFH v 27.04.1955, BStBl III 1955, 224).
Von einer Urproduktion kann auch dann noch ausgegangen werden, wenn zB ein Gärtner an sich fertige Erzeugnisse (Grünpflanzen) zukauft und sie in mehreren Monaten auf die sog Hydrokultur umstellt. Gleiches soll gelten, wenn Azaleen mit einer Gesamtkulturzeit von 18–20 Monaten innerhalb einer rund vierwöchigen Kulturdauer im Gewächshaus des Gärtners zum Erblühen gebracht werden, während andererseits bei Eriken mit einer Gesamtkulturdauer von 24–30 Monaten ein gleichlanger Verbleib beim Gärtner aus nicht recht nachvollziehbaren Gründen nicht ausreichen soll, um diese zu dessen Eigenerzeugnis werden zu lassen (BFH v 07.12.1967, HFR 1968, 239). Wird durch die (Weiter-)Kultur eine andere Marktgängigkeit erlangt, werden die kultivierten Pflanzen letztendlich zu eigenen luf Erzeugnissen und sind demzufolge gleichermaßen wie die zugekauften Betriebsmittel nicht den (schädlichen) Zukäufen von fremden Erzeugnissen iSd R 15.5 Abs 5 EStR 2012 zuzurechnen.
Kostpflanzen (das sind Pflanzen, die ein Baumschulbetrieb aus selbst gestelltem Samen oder selbst gestellten Pflanzen in fremden Betrieben aufziehen lässt) sind eigene und nicht fremde Erzeugnisse, wenn die in Kost gegebenen Sämereien oder Pflanzen in der Verfügungsgewalt des Kostgebers (des Baumschulbetriebs) bleiben und der Kostnehmer (der Betrieb, der die Aufzucht durchführt) eine Rücklieferungspflicht gegenüber dem Kostgeber hat. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kostgeber die hingegebenen Pflanzen im eigenen luf Betrieb erzeugt hat; diese können als Jungpflanzen auch zugekauft sein (s BFH v 16.12.1976, BStBl II 1976, 272 und s Rn 16; zu den unterschiedlichen Vertragsformen bei Kostverträgen s Weiss, UStR 1977, 76). Vorstehende Kostpflanzenregelung ist mE nicht nur auf Baumschulbetriebe begrenzt (H 15.5 EStH 2020 "Baumschulen"); bei vom Sachverhalt her gleich gelagerten Fällen wird sie auch auf die im Bereich der Staudengärtnereien sowie im Saatzuchtvermehrungsanbau Tätigen übertragen werden können (glA Felsmann, A 324a).
Fraglich (und regelmäßig im konkreten Besteuerungsverfahren umstritten) ist, wie bei einem (Friedhofs-)Gärtner der sog Kranzbindereimaterialzukauf (Kranzunterlagen, Kranzschleifen, Tannengrün, Laub, Zapfen, künstliche Blumen, Islandmoos, Draht, Bindegarn, Heftklammern uÄ) zu behandeln ist. ME ist der Bindereimaterialzukauf, soweit es sich um wesentliche Zutaten zur Herstellung von Bindereierzeugnissen handelt (zB Kranzunterlagen, Kranzschleifen, Tannengrün, künstliche Blumen, Laub, Islandmoos uÄ) als schädlicher Zukauf zu werten, während alle anderen Bindereizutaten, die in ihrer Funktion mehr den Hilfsstoffen gleichkommen (wie zB Draht, Bindegarn, Heftklammern, Stecknadeln uÄ) als unschädlicher Zukauf zu behandeln ist (s Rn 144a).
Beispiel:
Der Winzer Huber baut Trauben an und erzeugt Wein, den er in Flaschen (über einen Großhandel sowie im Hofladen) verkauft. Da seine eigene Ernte für die Erzeugung des Flaschenweins nicht ausreicht, kauft Huber Weintrauben zu. Rund 1/3 des erzeugten Weins besteht aus zugekauften Trauben.
Zur luf Urproduktion gehört beim Wein nicht nur der Anbau der Trauben selbst, sondern als spezielle – und so nur für den Weinbau geltende Besonderheit – auch der Ausbau zu Wein (BFH v 11.10.1988, BStBl II 1989, 284; es handelt sich hier nicht etwa um eine Be- und Verarbeitung innerhalb einer ersten Stufe im Rahmen eines Nebenbetriebs). Bei den zugekauften Trauben handelt es sich nach R 15.5 Abs 5 S 4 EStR 2012 um unschädliche Hilfsstoffe; die Vermengung der zugekauften Trauben (als Hilfsstoff) mit den eigenen Trauben ist aber unschädlich, weil der insgesamt erzeugte Wein zu mehr als 50 % aus eigenen Trauben besteht.