Rn. 3a
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die Festlegung, ab wann im einkommensteuerlichen Sinne (für die GewSt nachfolgend s Rn 3b) der Gewerbebetrieb beginnt, ist in zweierlei Hinsicht wichtig, und zwar
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für die Feststellung, welche Aufwendungen (und Erträge) für die einkommensteuerliche Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigungsfähig sind, sowie |
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für die Bestimmung des Zeitpunkts der Betriebseröffnung iSd § 6 Abs 1 Nr 6 EStG – identisch mit dem Zeitpunkt der Anerkennung einkommensteuerlich abzugsfähiger BA – und damit gem § 6 Abs 1 Nr 5 EStG für die Frage des Ansatzes von Teilwert oder AK für die dem Betrieb zugeführten WG sowie die Ermittlung der Höhe des Teilwerts. |
Ferner s Rn 131b betreffend Grundstückshandel: identischer Beginn für ESt und GewSt, s BFH BStBl II 2002, 537 unter II.A.1.c.
Gemäß § 343 HGB gehören zum Betrieb des Handelsgewerbes "nicht nur die Geschäfte, die erst während seines Bestehens geschlossen werden, sondern auch solche, die den Betrieb lediglich vorbereiten" (Schlegelberger, HGB, Rz 17 zu § 343). Dies gilt auch für die ESt und die Qualifikation als BA iSd § 4 Abs 4 EStG. So entschied bereits der RFH (RFH RStBl 1936, 766):
Zitat
Der Gewerbebetrieb im einkommensteuerlichen Sinn beginnt sonach bereits mit der ersten Vorbereitungshandlung.
Die in der Vorbereitungsphase evtl fehlende Beteiligung am allg wirtschaftlichen Verkehr (s Rn 127) als essentielle Voraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs iSd § 2 GewStG irritierte den RFH nicht, denn seiner Ansicht nach hat die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs, die an die Ingangsetzung und damit verbundene Beteiligung am allg wirtschaftlichen Verkehr anknüpft (vormals § 1 GewStDV aF, jetzt § 15 Abs 2 S 1 EStG), "Bedeutung im Wesentlichen für die Frage der Abgrenzung gewerblicher Einkünfte von anderen Einkunftsarten" (RFH RStBl 1936, 766). Dem ist zuzustimmen: die ESt als Personensteuer stellt auf die persönliche Leistungsfähigkeit ab, die bereits durch Aufwendungen iRd Vorbereitungshandlungen gemindert wird (kritisch Hermstädt, DB 1977, 2398).
Der Ansicht des RFH hinsichtlich der einkommensteuerlichen Relevanz der Vorbereitungsphase schloss sich der BFH an (erstmalig BFH BStBl III 1952, 292; später BFH BFH/NV 2012, 266; BFH BStBl II 1993, 538; BFH BFH/NV 1992, 797; BFH BStBl II 1991, 840 – Zeitraum, kein Zeitpunkt; BFH BStBl II 1986, 527; GrS BFH BStBl II 1984, 751; BFH BStBl II 1978, 193).
Erforderlich zur Anerkennung vorbereitender Aufwendungen ist lt BFH allerdings ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Betrieb (BFH v 23.09.1952, BStBl III 1952, 292); zudem muss die Maßnahme objektiv erkennbar auf die Begründung eines selbstständigen Betriebs gerichtet sein (BFH BStBl II 1972, 930; BFH BStBl II 1978, 193; BFH BStBl II 1983, 451). Objektiv erkennbar ist idS zu interpretieren als "nach außen erkennbar"; erforderlich ist der Nachweis des endgültigen Entschlusses, einschlägige gewerbliche Einkünfte zu erzielen: BFH BStBl II 1992, 819 (betreffend vergebliche Kosten für die Besichtigung evtl zu erwerbender Hotels).
Nach Ansicht des FG Hessen EFG 1986, 219, rkr, setzt die Anerkennung steuerlich relevanter Vorbereitungsmaßnahmen weiterhin voraus, dass es sich nicht vorhersehbar – hier: keine Chance zum Erhalt der Genehmigung – um Fehlmaßnahmen handelt, da es sonst angeblich am Merkmal des "Gewinnerzielenkönnens" mangelt. Abgesehen von eindeutigen Sonderfällen mE ein wegen des Prognosecharakters unbestimmtes und damit als steuerliches Tatbestandsmerkmal ungeeignetes Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung relevanter von irrelevanten Vorbereitungsmaßnahmen.
So hat der BFH v 21.09.2005, BFH/NV 1996, 461 entschieden, dass auch vergebliche Aufwendungen für vorbereitende Maßnahmen, die auf die Eröffnung eines von einer PersGes betriebenen Unternehmens abzielen, vorweggenommene BA darstellen können, sofern eine erkennbare Beziehung zu geplanten Einkünften besteht, und zwar Einkünften einer bestimmten Einkunftsart. Auch vergebliche Ausgaben sind daher BA, wenn von Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen ist (BFH v 30.10.2014, BStBl II 2015, 380). Als Bezugspunkt für die Prüfung des Vorliegens einer betrieblichen Veranlassung nimmt die Rspr keine objektiv-rückblickende Sichtweise ein, sondern stellt prospektiv auf die Zweckrichtung ab, mit der der StPfl im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen handelte (betrogener Erwerber): BFH v 07.02.2018, BStBl II 2018, 630.
Nicht entscheidend ist die erfolgte Eintragung im HR (BFH v 26.03.1985, BStBl II 1985, 433).
Besonders wichtig ist die Festlegung des Betriebsbeginns beim Grundstückshandel, da mit diesem Zeitpunkt die Grundstücke notwendiges BV des Grundstückshandels werden: im Einzelnen hierzu s Rn 131b und BFH v 01.09.2022, BStBl II 2024, 121 Rz 21 (frühestens mit der Anschaffung der ersten Immobilie) sowie BFH BStBl II 2002, 537 unter II.A.1.c. (idR identischer Beginn) und FG Saarland v 08.11.2012, EFG 2013, 386 (Umqualifizierung von Grundstücken aus dem AV in das UV ...