Rn. 108
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Auch s Rn 23e zu (12).
Angesprochen ist die Problematik, dass aus Gründen des familiären Machterhalts des früheren Einzelunternehmers (Vater oder Mutter) das Regelstatut des HGB hinsichtlich der Kommanditistenrechte wesentlich unterschritten wird und deshalb die Mitunternehmerstellung nicht anerkannt wird mit der Folge, dass entweder der Auffangtatbestand der stillen Gesellschaft oder stillen Unterbeteiligung gemäß § 20 Abs 1 Nr 4 EStG greift (s BFH vom 19.02.2009, BStBl II 2009, 798) oder schlimmstenfalls sogar eine steuerlich irrelevante Einkommensverwendung des Familienoberhaupts gemäß § 12 Nr 2 EStG vorliegt, dh, das Kind erhält den Gewinnanteil und der Vater versteuert ihn (ggf gesellschaftsvertraglich vorsorgen!): auch s Rn 22.
Die erforderlichen Mindestkriterien – Innehaben von Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative – hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung eines zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich vollzogenen Gesellschaftsverhältnisses für eine erwünschte Anerkennung einer Mitunternehmerstellung bei geschenkten Anteilen sind ausführlich dargestellt unter s Rn 23, 23e zu (12) (wegen Bsp zur Nichterfüllung der Kriterien auch s Rn 26 bzw betreffend die atypisch stille Beteiligung s Rn 51b).
Für die Anerkennung einer (atypischen) stillen Gesellschaft als Mitunternehmerschaft ist die tatsächliche Durchführung der vereinbarten Gewinnauszahlung bei einer Familien-PersGes idR erforderlich (mE anders, wenn ein vorübergehender Auszahlungsverzicht angesichts der Liquiditätslage der PersGes fremdüblich ist): BFH vom 29.04.1991, BFH/NV 1992, 388; BFH vom 13.06.1989, BStBl II 1989, 720. Auch s Hinweise bei BFH vom 07.11.2000, BStBl II 2001, 186. BFH vom 23.11.2021, BFH/NV 2022, 521, Leitsatz Nr 3, kommt bei der Prüfung der Frage, ob der geschlossene Vertrag wie zwischen fremden Dritten vollzogen wird, insbesondere der Umsetzung bzw dem Vollzug der Einlagebestimmungen, den Gewinnbeteiligungsregelungen und der Beachtung der Informations- und Kontrollrechte, Bedeutung zu.
Es sollte Eltern als Gesellschafter von PersGes nicht verwehrt werden, ihre Kinder dadurch an das Unternehmen heranzuführen, dass sie diese über eine Beteiligung einbinden, um sie frühzeitig mit wirtschaftlichen Fragen vertraut zu machen und sie dazu anzureizen, zunächst das Unternehmen mit den Eltern fortzuführen und es später zu übernehmen, also die mittelständische Wirtschaft dadurch mit aufrecht zu erhalten, die das Rückgrat der sozialen Marktwirtschaft darstellt: so zu Recht Westerfelhaus, DB 1997, 2033. Allerdings hat das BVerfG BStBl II 1996, 34 betont, die Rspr des BFH, nach der Dienstverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich nur anzuerkennen seien, wenn sie eindeutig und ernsthaft vereinbart seien und entsprechend dieser Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt werden, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weshalb Entsprechendes auch für Gesellschaftsverträge zwischen Ehegatten und sonstigen nahen Angehörigen gelten muss. Eine Mindestbeteiligungsquote ist nicht erforderlich: FG Ha vom 21.09.2000, DStRE 2001, 74. Ein unbegrenzter, freier und voraussetzungsloser Widerrufsvorbehalt der schenkenden Eltern steht einem Anteilsübergang entgegen: BFH BStBl II 2000, 653; BFH/NV 1999, 9; BStBl II 1989, 877; es empfiehlt sich also eine Beschränkung auf zB Vorversterben oder Insolvenz des Beschenkten uÄ; ansonsten wäre auch ein jederzeit ausübbares Rückforderungsrecht bzgl des geschenkten Anteils durch Gläubiger des Schuldners pfändbar: BGH vom 20.02.2003, IX ZR 102/02, DB 2003, 1509.
Die schenkweise Zuwendung eines Gesellschaftsanteils an einen nicht mitarbeitenden Familienangehörigen
Zitat
"kann nur zu einem einkommensteuerrechtlichen Ergebnis führen, wenn und soweit sich die rechtliche und tatsächliche Stellung … erheblich von der rechtlichen und tatsächlichen Stellung eines Empfängers laufender Bezüge oder eines Abtretungsempfängers unterscheidet. Dies setzt aber grundsätzlich voraus, dass ihm die einem Kommanditisten nach dem Regelstatut des HGB zukommenden Rechte wenigstens noch annähernd belassen sind" (BFH BStBl II 1976, 324/28).
Führt das Abwägen der Merkmale des Einzelfalls anhand der in s Rn 23e aufgezeigten Kriterien zu einem mehrdeutigen Ergebnis, so gibt mE im Zweifel das Motiv der Sicherung der Unternehmensnachfolge den Ausschlag zugunsten des die Mitunternehmerschaft anstrebenden StPfl, so auch die nachfolgend dargestellten Urteile des VIII. Senat des BFH vom 07.11.2000, BStBl II 2001, 186 und BFH vom 10.11.1987, BStBl II 1989, 758 – Nichtanwendungserlass BMF vom 05.10.1989, BStBl I 1989, 378 (glA wohl auch Märkle, Beilage Nr 2 zu BB 1993, 11).
Beispiel 1: Urteil VIII. Senat vom 10.11.1987, BFH BStBl II 1989, 758:
Ein Vater bringt sein Einzelunternehmen in eine KG ein, deren Komplementär er ist und deren beide Kommanditisten seine ein bzw zwei Jahre alten Kinder sind, die beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages durch Ergänzungspfleger vertreten waren. Der Gesellschaftsver...