Berger/Tetzlaff, Aktuelle Entwicklungen in der BFH-Rspr zur Betriebsunterbrechung – Zugleich Besprechung des BFH-Urteils vom 21.12.2021, IV R 13/19, NWB 2022, 2026.
Rn. 143
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
S H 16 Abs 2 EStH 2022 "Betriebsunterbrechung" und H 16 Abs 5 EStH 2022.
Schon Geschwendter, DStR 1999, 1168 zu BFH vom 11.05.1999, BStBl II 2002, 722 hat auf die steuerlichen Vorteile der BFH-Rspr zur Betriebsunterbrechung ieS (Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven durch Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs 3 EStG) hingewiesen. Allerdings – anders als bei der Betriebsverpachtung im Ganzen (dazu s R 2.2 GewStR 2009) – besteht weiterhin wegen originär gewerblicher Tätigkeit (s BFH vom 09.11.2017, BStBl II 2018, 227) GewStPfl; dies ist jedoch in Anbetracht der Neuregelung der GewSt-Anrechnung in § 35 EStG nur von geringer Bedeutung (auch s § 35 Rn 4 ff (Derlien)).
Eine nur vorübergehende Betriebsunterbrechung (ieS im Gegensatz zur Betriebsverpachtung im Ganzen, die nur eine Betriebsunterbrechung iwS darstellt), die die bisherige gewerbliche Tätigkeit nur ruhen lässt, liegt ohne ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung gemäß § 16 Abs 3b EStG zB vor,
- wenn ein Handelsvertreter seine bisherigen Vertretungen beendet, um anschließend eine andere Vertretung zu übernehmen (so BFH BStBl III 1966, 459) oder
- bei saisonalem Hotel- oder Pensionsbetrieb im Wintersportgebiet oder an der Mittelmeerküste oder
- bei nur vorübergehender Einstellung der gewerblichen Vermietung von Ferienwohnungen (s BFH BStBl II 1990, 383) oder
- wenn ein Unternehmen, das zuvor auf dem Gebiet des Grundstückshandels, des Bauwesens und der Grundstücksverwaltung (separat betrachtet Einkünfte aus VuV) tätig war, nur noch Grundstücksverwaltung betreibt, solange gegenüber dem FA nicht die Betriebsaufgabe erklärt wird: BFH vom 09.11.2017, BStBl II 2018, 227 (auch nach Einstellung der Bautätigkeit hätte das Unternehmen den Handel mit Grundstücken wieder aufnehmen können); BFH vom 28.09.1995, BStBl II 1996, 276; ebenso FG Ha vom 15.03.2012, EFG 2012, 1416. Dabei kommt es auf die Verhältnisse des Zeitpunktes an, zu dem die letzte werbende Tätigkeit (Baureparaturarbeiten eines ehemaligen Bauunternehmens, das danach nur noch vermögensverwaltende Immobilienverpachtung durchführte, weil die zuletzt ausgeübte Reparaturtätigkeit jederzeit wieder aufgenommen werden konnte) eingestellt wurde. Im Kern ebenso FG Münster vom 17.01.2012, EFG 2012, 916,
- bei Verbüßung einer Freiheitsstrafe.
Eine zeitliche Grenze der Unterbrechungsdauer hat der BFH nicht vorgegeben, wobei denklogisch "ewiges BV" nicht möglich ist, die Forderung eines "überschaubaren Zeitraums" bis zur Wiederaufnahme des Betriebs (so noch BFH vom 24.03.2006, BFH/NV 2006, 1287 zu 1.b. der Begründung) fand im Urt des BFH vom 21.12.2021, BFH/NV 2022, 414 keine Erwähnung mehr. Eine nur vorübergehende Betriebsunterbrechung ieS ist im Einzelfall also auch über viele Jahrzehnte möglich (im Falle eines ruhenden Betriebs kann auch bei einem Zeitraum von 61 Jahren – Erbengemeinschaft bis zur 3. Generation – noch von einem überschaubaren Zeitraum ausgegangen werden: BFH vom 21.12.2021, aaO), dazu auch s Berger/Tetzlaff, NWB 2022, 2036; Wendt, FR 2006, 828; Moritz, INF 2006, 565). Eine Erbengemeinschaft sei zwar (§ 2042 Abs 1 BGB) auf eine Auseinandersetzung ausgerichtet, könne aber auch zeitlich unbegrenzt fortgeführt werden (BFH vom 21.12.2021, aaO, Rz 31f).
Anders als bei der Betriebsverpachtung im Ganzen muss beim Auffangtatbestand des vorübergehend nur ruhenden Gewerbebetriebs nicht der ganze Betrieb als geschlossener Organismus mit allen (funktional: BFH BStBl II 2008, 2200) wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet sein (s GrS BFH BStBl III 1964, 124/26; BFH vom 14.03.2006, BStBl II 2006, 1552), es muss vielmehr lediglich die Fortführbarkeit des gewerblichen Betriebes im Zustand der letzten gewerblichen Tätigkeit vor Unterbrechung (BFH vom 08.02.2007, BFH/NV 2007, 1004) gewährleistet sein, der vorübergehend ruhende Gewerbebetrieb muss nicht in der Lage sein, das identische Unternehmen fortzuführen, sondern lediglich einen Betrieb in gleichartiger oder ähnlicher Weise; eine unerkannte Betriebsaufgabe liegt nur dann vor, wenn die Wiederaufnahme des Betriebs mangels der dazu erforderlichen wesentlichen Betriebsgrundlagen objektiv nicht möglich ist: BFH vom 21.12.2021, aaO, Rz 37–38.
Eine Betriebsunterbrechung ieS mit der Folge eines nur ruhenden Gewerbebetriebs kann auch als Auffangtatbestand dienen bei missglückter echter Betriebsaufspaltung oder ungewollt beendeter Betriebsaufspaltung. Im Einzelnen zur Vermeidung von Wiederholungen s zu den Voraussetzungen s Rn 422. Bei einer vorhergehenden Betriebsaufspaltung in Form des Schrumpfungs- oder Steuerberatermodells (s Rn 302 zu 5 (b) und (c): Nur-Grundbesitz) ist eine vorübergehende Betriebsunterbrechung nur denkbar, wenn der Grundbesitz die einzige wesentliche Betriebsgrundlage ist (im Handel zB sind Inventar und UV keine wesentlichen Betriebsgrundlagen, weil jederzeit wiederbescha...