Rn. 251
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Parallel zur Ausgestaltung des § 15 Abs 1 EStG sieht auch § 16 Abs 1 EStG eine Begünstigung für die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils vor. Der Begriff des Mitunternehmers in § 16 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG u des § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG sind daher identisch zu verstehen. Mitunternehmer ist danach, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer PersGes ist o aufgrund eines wirtschaftlich vergleichbaren Gesellschaftsverhältnisses Mitunternehmerrisiko trägt u Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Von der Norm sind also Veräußerungen des Anteils an einer originär gewerblichen KG, OHG o originär gewerblich tätigen GbR erfasst. Daneben sind aber auch Anteile an einer gewerblich infizierten PersGes (§ 15 Abs 3 Nr 1 EStG), an einer gewerblich geprägten PersGes (§ 15 Abs 3 Nr 2 EStG) o an einer anderen Gesellschaft iSv § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1 Hs 1 EStG erfasst.
Rn. 252
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Dementsprechend fällt auch der Anteil an einer mitunternehmerischen Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen unter den Begriff des Mitunternehmeranteils (zB an einer atypisch stillen Gesellschaft, BFH v 03.06.1997, BFH/NV 1997, 838; FG Nbg v 13.09.2000, EGB 2001, 566, o einer Unterbeteiligung). Der Begriff des Gesellschaftsanteils umfasst bei einer atypisch stillen Gesellschaft neben der gesellschaftsrechtlichen Stellung auch den schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlage, auf Teilhabe an den stillen Reserven u am Geschäftswert des Betriebs u das Sonder-BV (BFH v 03.06.1997, BFH/NV 1997, 838). Bei einer atypisch stillen Beteiligung o einer Unterbeteiligung an einer bereits bestehenden Mitunternehmerschaft entsteht eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft, deren Anteile jeweils einen Mitunternehmeranteil iSv § 16 Abs 1 EStG darstellen.
Rn. 253
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Unter Anteil an der Mitunternehmerschaft ist rechtlich der Anteil an den einzelnen WG des Gesamthandsvermögens zu verstehen. Den Anteil an einer PersGes, vergleichbar dem Anteil an einer KapGes (Gesellschaftsanteil an einer GmbH als Recht), gibt es nicht. Verwendet daher das Gesetz den Begriff des Mitunternehmeranteils, ist hierunter stets nur das Bündel aus Rechten u Pflichten zu verstehen, das sich aus dem Gesamthandsvermögen ergibt. Veräußerungsgegenstand sind daher die anteiligen WG der Mitunternehmerschaft, dh sowohl die anteiligen Aktiva als auch die anteiligen Schulden, soweit die WG vermögensmäßig in der Bilanz abgebildet sind, sowie die nicht bilanzierten Rechtsverhältnisse (Anstellungsverträge, Mietverträge etc). Daher wird auch das Bild von der "transparenten PersGes" verwandt, dass also die PersGes nicht selbst durch eine "Hülle" abgeschlossen ist, sondern die einzelnen WG der PersGes von Bedeutung sind. In Abgrenzung zum Teilbetrieb kann man daher bei diesem von einer horizontalen Teilung des BV (in verschiedene Teilbetriebe) sprechen, während bei der Mitunternehmerschaft von einer vertikalen Trennung (in die verschiedenen Mitunternehmeranteile) auszugehen ist.
Diese Grundsätze gelten auch für Mitunternehmerschaften, die ihren Ort der Geschäftsleitung nicht im Inland haben. Bei einer im Ausland ansässigen Mitunternehmerschaft mit einer inländischen Betriebsstätte ist das im Hinblick auf beschränkt u unbeschränkt stpfl Mitunternehmer der Fall. Bei einer im Ausland ansässigen Mitunternehmerschaft ohne inländische Betriebsstätte ist dies nur bzgl der Anteile der Fall, die den unbeschränkt stpfl Mitunternehmern zuzurechnen sind (s Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 10 (38. Aufl); Patt in H/H/R, § 16 EStG Rz 290, März 2013; Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 6 (August 2017); Reiss in Kirchhof, § 16 EStG Rz 42, 14. Aufl).
Der Anteil an einer rein vermögensverwaltenden PersGes ist kein Mitunternehmeranteil u fällt daher nicht unter § 16 Abs 1 EStG. Es liegt lediglich eine Bruchteilsgemeinschaft vor, bei der die Einkünfte den jeweiligen Gesellschaftern entsprechend ihrer Bruchteilsquote unmittelbar zugerechnet werden. Ebenso wenig fällt die entgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils unter § 16 Abs 1 EStG, wenn der Kommanditist kein Mitunternehmerrisiko trägt (BFH v 28.10.1999, BStBl II 2000, 183) o wenn der einzige Kommanditist Treuhänder des Komplementärs ist u steuerlich keine Mitunternehmerschaft existiert (BFH v 01.10.1992, BStBl II 1993, 574, Treuhandmodell).
Isoliertes Sonder-BV vermittelt keine Mitunternehmerinitiative u kein Mitunternehmerrisiko, so dass Übertragungen (nur) von Sonder-BV nicht begünstigt werden (glA Patt in H/H/R, § 16 EStG Rz 291, März 2013; Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 129, 18. Aufl).