Rn. 171
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Weitere Voraussetzung der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs ist, dass der Veräußerer seine mit dem veräußerten BV bisher entfaltete gewerbliche Tätigkeit endgültig beendet (BFH v 21.08.2018, VIII R 2/15, BFH/NV 2019, 66; BFH v 09.08.1989, BStBl II 1989, 973; Tiedtke, FR 1988, 233; BFH v 18.12.1996, BStBl II 1997, 573; FG Ha v 08.10.2002, EFG 2002, 267; Tiedtke/Wälzholz, DStR 1999, 217; FG Münster v 18.06.1998, EFG 1998, 1465; FG Sa v 25.09.2002, EFG 2002, 1601; Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 34, 18. Aufl; offen in BFH v 17.07.2008, DStR 2008, 2254). Nicht erforderlich ist, dass der Veräußerer überhaupt nicht mehr gewerblich tätig werden darf, vielmehr darf dieser keine wirtschaftlich identische Tätigkeit ausüben. Eine innerbetriebliche Strukturänderung ist unbeachtlich (s Tiedtke/Wälzholz, DStR 1999, 217; BFH v 09.10.1996, BStBl II 1997, 236; aA KK, KÖSDI 1998, 11 604). Ob die gewerbliche Betätigung des Veräußerers nach Übertragung des ganzen Gewerbebetriebs mit der des Erwerbers wirtschaftlich identisch (BFH v 24.06.1976, BStBl II 1976, 670) ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls u wird von der Rspr mithilfe von Indizien bestimmt (BFH v 13.01.1966, BStBl III 1966, 168). Insb misst die Rspr dem örtlichen Wirkungskreis, dem Kundenstamm u der konkreten Art der Tätigkeit besondere Bedeutung zu. Entscheidend ist immer das Gesamtbild der Verhältnisse (BFH v 11.03.1982, BStBl II 1982, 707).
Rn. 172
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Bei einem Betrieb mit örtlich beschränktem Wirkungskreis, liegt keine wirtschaftlich identische Betätigung vor, wenn durch eine ausreichend örtliche Distanz die Grundlagen der ursprünglichen Betätigung verloren gehen. Das soll bei einer Distanz von 10 km bei Tätigkeit ähnlicher Branchen der Fall sein (BFH v 24.06.1976, BStBl II 1976, 672). In diesem Zusammenhang kommt in Zweifelsfällen der Auswechselung des Kundenkreises indizielle Bedeutung zu.
Bei einem Betrieb mit örtlich nicht beschränktem Wirkungskreis genügt eine örtliche Distanzierung nicht. Vielmehr muss sich der bisherige Charakter der gewerblichen Tätigkeit ändern, indem der Geschäftszweig aufgegeben wird (BFH v 13.01.1966, BStBl III 1966, 168; BFH v 18.12.1996, BStBl II 1997, 573). Es kommt darauf an, dass die Tätigkeit beendet wird, die durch das veräußerte BV entfaltet wurde (BFH v 12.06.1996, BStBl II 1996, 527 mwN; BFH v 25.11.2009, BFH/NV 2010, 633; Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 34, 18. Aufl).
Am Merkmal der endgültigen Einstellung der gewerblichen Tätigkeit als Voraussetzung für einen tarifbegünstigten Veräußerungs- o Aufgabegewinn fehlt es aber nicht deshalb, weil der (Einzel-)Unternehmer sich fortan an einer GbR beteiligt, die in derselben Branche tätig ist. Maßgeblich ist nach Auffassung des BFH, dass eine gewerblich tätige PersGes im steuerrechtlichen Sinn ein vom Gesellschafter zu trennendes eigenständiges Gewinnerzielungssubjekt ist (BFH v 22.10.2014, X R 28/11, BFH/NV 2015, 479). Diese Auffassung ist mE zu formal, auch wenn einer missbräuchlichen Gestaltung im Wesentlichen über § 16 Abs 3 S 5 u Abs 2 S 3 EStG begegnet werden kann.
Rn. 173
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Einer Begünstigung nach § 16 EStG steht es nicht entgegen, wenn der Veräußerer nach Veräußerung selbstständig o unselbstständig im Auftrag u auf Rechnung des Erwerbers tätig wird (BFH v 17.07.2008, BStBl II 2009, 43; Geissler in H/H/R, § 16 EStG Rz 136, März 2013; Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 177 (August 2017)). Bei einer Rückpacht liegt mangels Tätigkeitseinstellung allerdings keine Betriebsveräußerung vor (BFH v 02.09.1992, BFH/NV 1993, 161 zur unentgeltlichen Überlassung eines Gewerbebetriebs; glA Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 35, 18. Aufl; Tiedtke/Wälzholz, DStR 1999, 217; Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 99 (38. Aufl)).
Zum Zurückbehalt von UV und dessen Veräußerung s Rn 159.