Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 1306
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Das Termingeschäft ist in § 20 Abs 2 EStG nicht definiert. Nach der Rspr des BFH folgt der Begriff des Termingeschäftes den Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG). Termingeschäfte idS sind nach § 2 Abs 2 Nr 1 WpHG aF (bis 02.01.2016, BGBl I 1998, 2708) unter anderem Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines bestimmten Basiswertes ableitet (BFH v 13.01.2015, IX R 13/14, BStBl II 2015, 827; BFH v 12.05.2015, VIII R 4/15, BStBl II 2015, 835; BFH v 24.10.2017, VIII R 35/15, BStBl II 2018, 189). Als Basiswerte kommen insbesondere in Betracht:
- Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
- Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
- Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
- Zinssätze oder andere Erträge oder
- Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.
Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Termingeschäft in einem Wertpapier verbrieft ist oder an einer amtlichen Börse oder außerbörslich abgeschlossen wird. Zu den Termingeschäften gehören insbesondere Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte und Forwards oder Futures (s BMF v 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 [Einzelfragen zur AbgSt] Tz 9–10; BR-Drucks 220/07, 88). Nach dieser weiten Auslegung des Begriffs werden von der Norm sämtliche Derivate, also Finanzinstrumente, bei denen der Wert von einer veränderten Bezugsgröße abhängt, erfasst.
Das Termingeschäft ist vom Kassageschäft zu unterscheiden. Bei Letzterem ist der Basiswert sofort oder innerhalb der börsenüblichen Lieferfrist (zwei Werktage, im angelsächsischen Raum drei Werktage) zu erfüllen (zur Abgrenzung zwischen Termin- und Kassageschäften auch s BFH v 08.12.2021, I R 24/19, DStR 2022, 1258 Tz 23 ff, wonach ein Knock-Out-Zertifikat ein Kassageschäft darstellt). Zu Termin- und Kassageschäften auch s § 15 Rn 183a (Bitz).
Nach dem Wortlaut des § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG muss es sich um Termingeschäfte handeln, durch die der StPfl einen Differenzausgleich erlangt. Maßgeblich ist insoweit die Zweckbestimmung des Termingeschäfts, die von dem anhand objektiver Umstände nachvollziehbaren Willen der Vertragsbeteiligten abhängt.
Erfasst sind demnach Termingeschäfte, die auf die Erzielung eines Differenzausgleiches gerichtet sind, nicht aber Termingeschäfte, die auf die tatsächliche ("physische") Lieferung des Basiswertes am Ende der Laufzeit gerichtet sind (BFH v 24.10.2017, VIII R 35/15, BStBl II 2018, 189 mwN).
In der Literatur wird zT darauf abgestellt, dass nach dem allgemeinen Verständnis bei einem Termingeschäft der Zeitpunkt des Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäfts auseinanderfallen (dazu s Dahm/Hamacher, DStR 2008, 1910, 1911; Jochum in KSM, § 20 EStG Rz D/3 16 (Oktober 2018)), oder es wird auch zT anhand bestimmter Merkmale typologisch ausgelegt (dazu s Buge in H/H/R, § 20 EStG Rz 472 (Oktober 2019)).
Rn. 1307
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
vorläufig frei