Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Worgulla, Stille Gesellschaft, partiarische Darlehen und Unterbeteiligungen, NWB 2010, 3182;
Czisz/Kranc, Die Besteuerung von Einkünften aus typisch stillen Gesellschaften unter der AbgSt, DStR 2010, 2226;
Korn, Der stille Gesellschafter in Handels- und Steuerbilanz, SteuK 2011, 428;
Droscha/Holle, Zinsabzug aus typisch stillen Beteiligungen, FR 2019, 6.
Rn. 475
Stand: EL 143 – ET: 06/2020
Bei einer stillen Gesellschaft (§§ 230–237 HGB) handelt es sich um eine Innengesellschaft zwischen dem Inhaber eines Handelsgeschäftes und einem anderen, der sich an diesem Geschäft mit einer Vermögenseinlage beteiligt. Die Parteien haben sich durch Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles verbunden, und ihre schuldrechtlichen Beziehungen tragen ein gesellschaftsrechtliches Element. Die Einlage geht in das Vermögen des Geschäftsinhabers über, der allein das Unternehmen betreibt. Der stille Gesellschafter ist aber stets am Gewinn beteiligt (s zB Baumbach/Hopt, HGB, § 230, Rz 1ff, 30. Aufl). Eine stille Gesellschaft liegt nur vor, wenn die Ansprüche des stillen Gesellschafters davon abhängen, dass das Unternehmen einen Gewinn erzielt, der stille Gesellschafter also für die Kapitalhingabe eine von dem geschäftlichen Erfolg abhängige Vergütung erhalten soll. Gemäß § 231 Abs 2 HGB kann die Beteiligung am Gewinn nicht ausgeschlossen werden. Dem stillen Gesellschafter steht das Kontrollrecht gemäß § 233 HGB zu.
Ist eine Gewinnbeteiligung jederzeit widerruflich, wird eine stille Beteiligung nicht anerkannt (BFH v 08.03.1974, IV R 101/73, BStBl 1975, 34; BFH v 18.06.1998, IV R 94/96, BFH/NV 1999, 176). Nach dem ggf formlos (BFH v 18.12.1970, VI R 248/69, BStBl II 1971, 426) abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag kann die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust ausgeschlossen werden, s § 231 Abs 2 HGB. Die zwingend erforderliche Beteiligung am Gewinn wird jedoch nicht dadurch berührt, dass dem stillen Gesellschafter neben gewinnabhängigen Leistungen im Erfolgsfalle auch eine Mindestverzinsung für Verlustjahre garantiert wird (BFH v 19.02.2009, IV R 83/06, BStBl II 2009, 798); ferner s § 15 Rn 50c (Bitz).
Rn. 476
Stand: EL 143 – ET: 06/2020
Die Vermögenseinlage kann auch in der Leistung von Sachwerten, Diensten (BFH v 16.12.1997, VIII R 32/90, BStBl II 1998, 480) oder der Einlage von Know-how (BFH v 27.02.1975, I R 11/72, BStBl II 1975, 611) bestehen.
Rn. 477
Stand: EL 143 – ET: 06/2020
Wesentliches Element der stillen Gesellschaft ist das partnerschaftliche Zusammenwirken des Geschäftsinhabers und des stillen Gesellschafters. Der Inhaber ist hierbei dem stillen Gesellschafter gegenüber verpflichtet, das Handelsgeschäft zum gemeinsamen Nutzen zu betreiben. Er ist nicht berechtigt, gegen den Willen des stillen Gesellschafters die Firma zu ändern oder aufzugeben. So hat der BFH bereits früher entschieden, dass in Zweifelsfällen eine Vereinbarung, wonach die Verpflichtung des Inhabers zur unveränderten Fortführung des Handelsgeschäftes ausgeschlossen war, der Annahme einer stillen Gesellschaft entgegenstehen kann (BFH v 16.08.1978, I R 28/76, BStBl II 1979, 51). Werden aber die Vereinbarungen einer bestehenden stillen Gesellschaft dahingehend geändert, dass der Geschäftsinhaber künftig für Änderungen der Unternehmensform, der Art und des Umfangs des Geschäftsbetriebes und des Unternehmensgegenstandes sowie für die Aufnahme neuer Gesellschafter nicht mehr der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf, so liegt darin nicht die Beendigung der stillen Gesellschaft (BFH v 27.01.1982, I R 5/78, BStBl II 1982, 374). Entscheidend ist, dass die Vertragspartner weiterhin den im Gesellschaftsvertrag fixierten gemeinsamen Zweck verfolgen.
Rn. 478
Stand: EL 143 – ET: 06/2020
Unterschieden werden die typische stille Gesellschaft und die atypische stille Gesellschaft. Über die Frage, ob jemand als typisch stiller Gesellschafter oder als Mitunternehmer zu beurteilen ist, wird bei einer PersGes im Feststellungsverfahren gemäß § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO befunden.
- Eine typische (echte) stille Gesellschaft liegt vor, wenn der Gesellschaftsvertrag und dessen tatsächliche Durchführung den Grundsätzen der §§ 230–237 HGB entsprechen. In diesem Fall sind die Einnahmen des stillen Gesellschafters unter § 20 Abs 1 Nr 4 EStG zu erfassen und unterliegen im PV der AbgSt.
- Weicht dagegen der Gesellschaftsvertrag und/oder dessen tatsächliche Durchführung von der typischen Form der stillen Gesellschaft dergestalt ab, dass der stille Gesellschafter an den stillen Reserven beteiligt ist, unternehmerische Initiative entfalten kann und unternehmerisches Risiko trägt, ist er als Mitunternehmer iSd § 15 EStG anzusehen. Bei dieser Ausgestaltung handelt es sich um eine sog atypische stille Beteiligung. Die Einnahmen dieses stillen Gesellschafters fallen nicht unter § 20 Abs 1 Nr 4 EStG, sondern unter § 15 Abs 1 Nr 2 EStG und werden mit dem individuellen Steuersatz besteuert; ferner s § 15 Rn 51 (Bitz).
Rn. 479–480
Stand: EL 143 – ET: 06/2020
vorläufig frei