Rn. 76
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Demgegenüber führen Ereignisse, die keine Positionen der Schlussbilanz betreffen und auch nicht materiell-rechtlich auf den Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zurückwirken, zu nachträglichen Einnahmen iSv § 24 Nr 2 EStG.
Dafür lassen sich folgende Bsp anführen:
- nachträglich abgeschlossene Geschäfte wie die Veräußerung zurückbehaltener WG des BV (s Ferstl in Frotscher/Geurts, § 24 EStG Rz 64 (April 2023));
- schwebende Geschäfte sind in der Schlussbilanz nicht zu erfassen. Deshalb führt ihre spätere Abwicklung zu nachträglichen Einkünften iSv § 24 Nr 2 EStG. Zahlungen eines Verlages an den Erben eines Autors führen somit auch dann zu nachträglichen Einkünften aus selbstständiger Arbeit, wenn es sich um Honoraransprüche für Nachlieferungen oder Neuauflagen handelt, die nicht vom Erblasser, sondern von einem nachfolgenden Autor verfasst worden sind (BFH vom 27.11.1992, IV B 109/91, BFH/NV 1993, 293);
- Veräußerung des Geschäftswerts nach Erklärung der Betriebsaufgabe und anschließender Betriebsverpachtung im Ganzen führt zu nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb iSv § 24 Nr 2 EStG iVm § 15 Abs 1 Nr 1 EStG (BFH vom 30.01.2002, X R 56/99, BStBl II 2002, 387);
- bei Milchaufgabevergütungen, die in mehreren Jahresbeträgen nach Einstellung des landwirtschaftlichen Betriebs gezahlt werden (BFH vom 07.09.1989, IV R 91/88, BStBl II 1989, 975);
- fehlerhaft in der Schlussbilanz nicht bilanzierte Vermögenspositionen (s Festl in Frotscher/Geurts, § 24 EStG Rz 64 (April 2023));
- wenn eine zur Neutralisierung des Veräußerungsgewinns gebildete Rücklage nach § 6b EStG aufgelöst werden muss, weil sie nicht auf ein Ersatz-WG übertragen wurde, so führt dies zu nachträglichen Einkünften iSv § 24 Nr 2 EStG (BFH vom 10.07.2017, X B 38/17, BFH/NV 2017, 1607 mwN);
- eine bis zum Tod eines Rechtsanwalts und seiner Ehefrau zu zahlende Leibrente, die nach Aufgabe der Beratungstätigkeit gezahlt wird, gehört zu den nachträglichen Einkünften aus selbstständiger Arbeit (BFH vom 26.03.1987, IV R 61/85, BStBl II 1987, 597);
- eine Betriebsrente, die ein Versicherungsvertreter nach Einstellung der Tätigkeit von der Versicherung anstelle des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b HGB erhält (FG Thüringen vom 28.09.2017, 2 K 266/16, EFG 2017, 1784);
- Honorarforderungen, die bei einer Einbringung gemäß § 24 UmwStG zurückbehalten und bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG später zufließen (BFH vom 04.12.2012, VIII R 41/09, BStBl II 2014, 288);
- Zinsen nach § 233a AO auf Umsatzsteuererstattungen nach einer Betriebsaufgabe sind im Zahlungsjahr als nachträgliche BE iSv § 24 Nr 2 EStG zu berücksichtigen (FG D'dorf vom 09.02.2023, 9 K 2035/20 E, EFG 2023, 539).
Rn. 77
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Wird ein Betrieb gegen wiederkehrende Bezüge veräußert, steht dem StPfl ein Wahlrecht zu.
Dies gilt auch im Fall der Veräußerung von betrieblichen WG im Rahmen einer Betriebsaufgabe gegen wiederkehrende Bezüge (BFH vom 29.06.2022, X R 6/20, BStBl II 2023, 112; s dazu Kanzler, FR 2023, 130).
Die Sofortversteuerung ist der Normalfall. Die laufende Besteuerung beruht auf Billigkeitserwägungen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, die den Versorgungscharakter der Bezüge berücksichtigen. Eine Ausdehnung dieses Wahlrechts auf solche Fälle, in denen der Kaufpreis in Form von Zahlungen geleistet wird, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, ohne damit die Versorgung des Veräußerers zu bezwecken, kann nicht erfolgen (BFH vom 29.03.2007, XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306).
Die Zuflussbesteuerung muss ausdrücklich gewählt werden. Wird das Wahlrecht nicht oder nicht ordnungsgemäß ausgeübt, ist ein sofort zu versteuernder Veräußerungsgewinn realisiert (BFH vom 12.05.1999, IV B 52/98, BFH/NV 1999, 1330). Das Wahlrecht kann grds nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des entsprechenden Steuerbescheides ausgeübt werden. Es kann allerdings erstmals im Rahmen der Anfechtung eines Änderungsbescheids geltend gemacht werden (BFH vom 26.04.2018, III R 12/17, BFH/NV 2018, 948).
Zu den Voraussetzungen und Folgen der Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge im Einzelnen s § 16 Rn 528ff (Schacht).