Rn. 150
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Die AbgSt ist für Einkünfte aus KapVerm grundsätzlich zwingend anzuwenden (§ 32d Abs 1 S 1 EStG). Allerdings sind Ausnahmen im Gesetz vorgesehen, die teils zwingend, teils optional ausgestaltet sind. Nicht alle diese Ausnahmen sind in § 32d Abs 2 EStG enthalten, Abs 6 etwa enthält die sog "Günstigerprüfung" (zu den Unterschieden Weiss, NWB 2017, 250, 255). Instruktiv hierzu ist die Einteilung bei Elser/Bindl, FR 2010, 360. Nach dieser Einteilung existieren vier Möglichkeiten (s auch Jachmann-Michel, DB 2018, 2777, 2780):
Rn. 151
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Durch den AbgSt-Satz von 25 % (§ 32d Abs 1 S 1 EStG) entsteht ein Steuersatzgefälle zu den höheren Steuersätzen nach der Tarifformel des § 32a EStG. Ua zur Vorbeugung gegen Steuergestaltungen, die dieses Gefälle ausnutzen, hat der Gesetzgeber zwingende Ausschlüsse der AbgSt in § 32d Abs 2 Nr 1 EStG angeordnet (dazu OFD NRW vom 19.04.2017, DB 2017, 1177).
Zum Verhältnis zu § 42 AO, insb zur Frage der Nutzung des Steuersatzgefälles, s Rn 69a.
Rn. 152
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Diese betreffen zunächst Zinsen (§ 20 Abs 1 Nr 7 EStG) und zinsähnliche Zahlungen (§ 20 Abs 1 Nr 4 EStG, aus partiarischen Darlehen und typisch stillen Gesellschaften) sowie die damit in § 20 Abs 2 EStG korrespondierenden Veräußerungsgewinne:
- in § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst a EStG, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind, soweit die entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner bei der inländischen Besteuerung als WK oder BA abzugsfähig sind.
- in § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst b EStG, wenn eine Gesellschafter-Fremdfinanzierung einer KapGes oder Genossenschaft durch einen zu mindestens 10 % beteiligten Gesellschafter oder diesem nahe stehende Person vorliegt.
- in § 32d Abs 2 Nr 1 Buchst c EStG, wenn eine sog "Back-to-Back"-Finanzierung vorliegt.
Rn. 153
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
In § 32d Abs 2 Nr 2 EStG wird ein zwingender Ausschluss für Zahlungen aus Lebensversicherungen, die nach § 20 Abs 1 Nr 6 S 2 EStG bereits begünstigt sind, angeordnet.
Rn. 154
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
In § 32d Abs 2 Nr 4 wird ein zwingender Ausschluss für Bezüge iSd § 20 Abs 1 Nr 1 EStG und Einnahmen iSd § 20 Abs 1 Nr 9 EStG angeordnet, soweit diese das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben ("materielles Korrespondenzprinzip").
Rn. 155
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Um übermäßiger Besteuerungen, insb auch solchen, die durch das WK-Abzugsverbot des § 2 Abs 2 S 2 EStG iVm § 20 Abs 9 EStG verursacht werden, vorzubeugen, hat der Gesetzgeber auch einen antragsgebundenen Ausschluss der AbgSt angeordnet. Dieser bezieht sich auf KapErtr iSd § 20 Abs 1 Nr 1 und Nr 2 EStG, insb also offene und vGA. § 32d Abs 2 Nr 3 EStG gibt dem StPfl bei derartigen KapErtr die Möglichkeit,
- bei einer Beteiligung von mindestens 25 % an der leistenden Körperschaft oder
- bei einer Beteiligung von mindestens 1 % an der leistenden Körperschaft und besonderer beruflicher Tätigkeit für die leistende Körperschaft, durch die maßgeblicher unternehmerischer Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit genommen werden kann,
einen Antrag zu stellen, nach dem die AbgSt insoweit nicht angewendet werden soll.
Rn. 156
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
In diesen Fällen ist das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr 40 S 1 Buchst d EStG oder, im Falle des § 20 Abs 1 Nr 2 EStG, § 3 Nr 40 S 1 Buchst e EStG; grundsätzlich jeweils iVm § 3 Nr 40 S 2 EStG) auf die Erträge anzuwenden: § 32d Abs 2 Nr 3 S 2 EStG schließt ua die Anwendung von § 3 Nr 40 S 2 EStG für diesen besonderen Fall aus.
Rn. 157
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Da auch § 20 Abs 9 EStG in § 32d Abs 2 Nr 3 S 2 EStG ausgeschlossen wird, sind – iRd § 3c Abs 2 EStG – WK abziehbar. Ein Ausgleich von Verlusten zwischen nach § 32d Abs 1 EStG und nach § 32d Abs 2 EStG zu erfassenden Einkünften ist nach Auffassung der FinVerw nicht möglich (R 32d Abs 1 EStR 2012). Der BFH hat einen solchen Ausgleich jedoch in seinem Urt BFH vom 30.11.2016, VIII R 11/14, BStBl II 2017, 443 richtigerweise zugelassen, wenn ein Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs 6 EStG gestellt wird (Ronig, NWB-EV 2017, 90, 94). Die FinVerw hat diese Rechtsauffassung inzwischen akzeptiert (BMF vom 12.04.2018, BStBl I 2018, 624 Tz 119a).
Rn. 158
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Bei geringen WK nach § 9 EStG ist ein "Mindestabzug" des Sparer-Pauschbetrags nach § 20 Abs 9 EStG in den Fällen des § 32d Abs 2 EStG nach Auffassung des BFH nicht zu gewähren (BFH vom 30.11.2016, VIII R 11/14, BStBl II 2017, 443).
Rn. 159–169
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
vorläufig frei