Rn. 255
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Unterhaltsaufwendungen, die der StPfl leistet, werden nur insoweit als ag Belastung anerkannt, als die Aufwendungen in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Einkommen stehen und dem StPfl nach Abzug der Unterhaltsleistungen ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Lebensbedarfs und dem seiner Familie verbleiben, BFH vom 17.01.1984, VI R 24/81, BStBl II 1984, 522; BFH vom 11.12.1997, III R 214/94, BStBl II 1998, 292; BFH vom 18.05.2006, III R 26/05, BStBl II 2007, 108; BFH vom 06.02.2014, VI R 34/12, BStBl II 2014, 619.
Die Opfergrenze ist nicht anzuwenden bei Aufwendungen für den Unterhalt an den (ggf auch geschiedenen) Ehegatten oder wenn eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person besteht, BFH vom 29.05.2008, III R 23/07, BStBl II 2009, 363; BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343; BMF vom 06.04.2022, BStBl I 2022, 617 Rz 22. Die Opfergrenze findet hingegen dann Anwendung, wenn der Unterhaltsverpflichtete mit dem Unterhaltsberechtigten in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, die nicht die Voraussetzungen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft erfüllt, BFH vom 14.12.2016, VI R 15/16, BStBl II 2017, 454.
Für den Fall, dass der Haushaltsgemeinschaft ein unterhaltsberechtigtes Kind angehört, sind die für Unterhaltsleistungen zur Verfügung stehenden Mittel um den nach § 32 Abs 6 S 2 EStG bemessenen Mindestunterhaltsbedarf des Kindes zu kürzen, BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343. Der Mindestunterhalt für das Kind ist in entsprechender Anwendung des § 1612 Abs 1 S 3 BGB in Höhe des doppelten Freibetrags für das sächliche Existenzminimum des Kindes anzusetzen.
Die Opfergrenze gilt ferner nicht in Bezug auf Unterhaltsleistungen an die durch § 1615l BGB gleichgestellte Kindesmutter eines nichtehelichen Kindes, BFH vom 17.12.2009, VI R 64/08, BStBl II 2010, 343. Auch gegenüber den unverheirateten minderjährigen Kindern ist der Unterhaltsverpflichtete dazu verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu teilen, BFH vom 04.04.1986, III R 245/83, BStBl II 1986, 852 (§§ 1603 Abs 2, 1609 Abs 2 BGB).
Unterhaltsaufwendungen für erwerbslose minderjährige verheiratete oder für volljährige Kinder sind hingegen nur iRd Opfergrenze zu berücksichtigen, BFH vom 27.09.1991, III B 42/91, BStBl II 1992, 35.
Die Opfergrenze gilt unabhängig davon, ob der StPfl Unterhalt an eine im Inland oder an eine im Ausland lebende Person leistet; vgl BMF vom 06.04.2022, BStBl I 2022, 617 Rz 16 ff; BMF vom 06.04.2022, BStBl I 2022, 623 Rz 38.
Rn. 256
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Sind die Aufwendungen – bezogen auf die Person des Empfängers – notwendig und angemessen, ist festzustellen, inwieweit die Unterhaltsleistungen unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des StPfl und im Verhältnis zu dessen Nettoeinkommen als ag Belastung zu berücksichtigen sind.
Rn. 257
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Für die Berechnung der Opfergrenze ist zunächst das Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten zu ermitteln. Besteht die Unterhaltspflicht nicht während des gesamten Jahres, sondern nur während einiger Monate, so ist entsprechend dem Monatsprinzip nur das auf diesen Zeitraum entfallende Nettoeinkommen für die Berechnung der Opfergrenze zu ermitteln, BFH vom 25.09.1996, III R 102/95, BFH/NV 1997, 221; BFH vom 14.12.2016, VI R 15/16, BStBl II 2017, 454.
Rn. 258
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens sind nach BMF vom 06.04.2022, BStBl I 2022, 617 Rz 17 alle stpfl Einkünfte iSd § 2 Abs 1 EStG, alle steuerfreien Einnahmen sowie etwaige Steuererstattungen (ESt, KiSt, SolZ) anzusetzen. Zu den Einkünften nach § 2 Abs 1 EStG zählen sämtliche Gewinneinkünfte (auch Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, FG BBG vom 14.09.2011, 14 K 8290/09, EFG 2012, 329) sowie sämtliche Überschusseinkünfte.
Ferner sind KapErtr nach § 32d Abs 1 und § 43 Abs 5 EStG ohne Abzug des Sparer-Pauschbetrages nach § 20 Absatz 9 EStG einzubeziehen.
Zu den steuerfreien Einnahmen rechnet zB das Kindergeld und vergleichbare Leistungen, Leistungen nach dem SGB II, SGB III und BEEG, die ausgezahlten ArbN-Sparzulagen nach dem 5. VermBG, das Baukindergeld und der steuerfreie Teil der Rente, BMF vom 06.04.2022, BStBl I 2022, 617 Rz 17.
Wegen der Besonderheiten bei der Berücksichtigung von Kindergeld bei einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft wird auch auf die Ausführungen unter s Rn 167 ff verwiesen.
Das Nettoeinkommen ist um den in § 7g EStG geregelten IAB zu erhöhen, BFH vom 06.02.2014, VI R 34/12, BStBl II 2014, 619; BMF vom 06.04.2022, BStBl I 2022, 617 Rz 18.
Abzuziehen sind die entsprechenden Steuervorauszahlungen und -nachzahlungen sowie die Steuerabzugsbeträge (LSt und KiSt, KapSt, SolZ). Ferner sind die unvermeidbaren Versicherungsbeiträge mindernd zu berücksichtigen (gesetzliche Sozialabgaben bei ArbN, gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bei Rentnern, für alle Übrigen die eigenen Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung, BMF vom ...